Pascal Danz in der Galerie Silvia Steiner in Biel. Bis 08.10.2005

Bilder ohne Gedächtnis

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 12. September 2005

 

„amnesia“ (Gedächtnisverlust) nennt der in Zürich und Berlin lebende Berner Maler Pascal Danz (geb. 1961) seine vierte Einzel-Ausstellung in der Galerie Silvia Steiner in Biel. Wer hat da was vergessen? „Meine Bilder“, so der Künstler, „haben vielfach schwarze Löcher’, sie haben gewisse Zusammenhänge verloren“. Sein Ideal wäre, so Danz, ein Bild zu malen, das er noch nie zuvor gesehen habe.

Schon seit langem arbeitet der Künstler mit Bildverfremdungen. Vielfach, aber nicht nur, geht er von Pressebildern aus, die ein mehr oder minder historisches Moment festhalten, malt sie aber ohne die definierbaren Akzente. Den Balkon ohne Terroristen zum Beispiel.

Auch in der aktuellen Ausstellung in Biel – der ersten, die er „amnesia“ nennt – gibt es solche Bilder. Das eingängiste ist zweifellos das farblich zurückgenommene Hochformat mit dem allein auf einem weiten, undefinierbaren Grund stehenden, schwarzen Hund. Es ist Vladimir Putins Hund; auf dem Originalfoto war der russische Präsident mit zu sehen. Jetzt ist es einfach das Bild eines von rechts beleuchteten und mit einer leichten Körperverdrehung nach links schauenden Hundes. Die Geschichte dazu müssen wir selber erfinden. Das Bild hat seinen Ursprung vergessen und ist ein neues Bild geworden.

Auch auf einem anderen Bild gibt es einen Hund, – nein, – gab es einmal einen Hund. Zu sehen sind nur Adolf Hitler und seine Frau Eva, die einen seltsamen schwarzen Flecken berühren. Der dritte Hund der Ausstellung ist eigentlich da, zumindest sein Kopf; der Hund soll einmal einer alten Frau gehört haben, aber der Künstler hat nur die Lichtpunkte aus dem alten Foto herausgeschält, sodass lediglich gelbe Flecken aus dem Dunkel leuchten. Mit viel Fantasie können wir den Hundekopf zurückholen, geben ihm dabei aber unsere Sicht.

Wer vor lauter Hundegeschichten nur noch Hunde sieht, wird schliesslich sogar im einem Bild eines fast verloren gegangenen Velofahrers fündig, aber damit ist man längst da, wo der Künstler uns Betrachter haben will – bei der Erkenntnis, dass Bilder wohl eine Geschichte haben, aber keine definierte Realität, ausser unserer eigenen.
Eine Hundeausstellung? Nein, nur unter anderem. Danz hängt bewusst verschiedenste Bilder nebeneinander, so wie die Medien auch von einem Thema zum andern wechseln. Da gibt es Architekturen, die nicht greifbar sind, fast abstrakte Kompositionen, die wie aufgelöste Fotos wirken. Und zwei seltsame Bilder mit unscheinbaren, geschwungenen Linien. Staubfäden von seinen Kleidern seien es, sagt der Künstler, abgerollt, fotografiert und vergrössert.

Die so gar nicht ins Schema passenden Werke deuten auf die Entwicklung, in welcher der Künstler steht. Früher habe er sich ständig verpflichtet gefühlt, Erklärungen zu liefern, sagt er, heute traue er sich viel mehr der Intuition zu folgen, die eigenen Bilder in die fremden zu verweben. Somit das, was er von den Betrachtern erwartet, selbst auch in den Malprozess einzubringen. Spannend.
Die verstärkte Sicherheit kommt nicht von ungefähr, Pascal Danz hat durch wichtige Ausstellungen heute einen festen Platz in der Schweizer Malerei der Gegenwart.