Anton Eglofff/ Irène Wydler Hans-Trudel-Haus Baden. 2006

Nach den Sternen greifen

www.annelisezwez.ch    Annelise Zwez in Aargauer Zeitung August 2006

Mit Skulpturen und Zeichnungen von Anton Egloff und Irène Wydler sind in Baden klassische Positionen zu sehen, die ihre Kraft nicht verloren haben.

Anton Egloff (geb. 1933 in Wettingen) tut alles mit Bedacht. So wohl auch dies: Er macht ein feines, raumgreifendes Relief aus den 1970er-Jahren zum Ausgangspunkt seiner Ausstellung im Hans-Trudel-Haus in Baden. Es ist eine Arbeit mit Sternbildern aus Zinkblech, verbunden mit Drahtseilen. Sie trägt den Titel „Ciel“. Das leuchtet ein, ist aber zugleich als Buchstabenkonstellation aus den Sternen selbst ablesbar. Das grosszügig platzierte Werk verbindet frühes Schaffen mit aktuellen Skulpturen, in denen sich der Künstler in spannender Fortschreibung seiner Recherchen erneut mit Sternformationen auseinandersetzt.

Raffinierterweise schafft der Künstler mit dem Frühwerk und dazugehörenden Papierarbeiten eine werkimmanente Logik und spannt gleichzeitig ein virtuelles Drahtseil zum Aargauer Kunsthaus, wo mit den Arbeiten der Ziegelrain-Künstler ebenfalls die 1970er-Jahre evoziert werden. Es ist unschwer zu spüren, dass es derselbe Mentalitätsraum ist, aus welchem Matter, Rothacher, Suter & Co einerseits, der knapp 10 Jahre ältere Anton Egloff andererseits geschöpft haben: Ein universeller Raum, in dem individuelle Recherchen in Parameter künstlerischer Werke münden. Dass die beiden Ausstellungen mit lediglich einem Tag Differenz eröffnet wurden, ist so spannend wie Zu-Fälle oft sind.

Die erstmalige Kombination von skulpturalen Werken Anton Egloffs mit Zeichnungen respektive Unikat-Grafiken von Irène Wydler (geb. 1943) erweitert den genannten Mentalitätsraum zusätzlich, haben doch auch die sich aus Energielinien bündelnden, grossformatigen Grafit-Zeichnungen der Luzernerin ihre Wurzeln in den 1970er-Jahren. „Was uns verbindet“, sagt Anton Egloff, „ist ein vergleichbares Zeit-Bewusst-sein.“ Spannend ist dabei vor allem die unterschiedliche Annäherung an die Kombination von Weite und Nähe in ihrem Schaffen.

Anton Egloff erforscht sowohl in den „Etoiles filantes“ wie in den „Doppelsternen“ mit subjektiver Wissenschaftlichkeit Sternbild-Konstellationen auf inhärente Form-Dialoge und setzt sie in überraschende Karton-Körper um. Anstelle von „Individueller Mythologie“ – eine Kernbegriff der 1970er-Jahre – könnte man von „individueller Logik“ sprechen, mit welcher Egloff die Sterne des Süd- und des Nordhimmels verbindet.

Irène Wydler hingegen sucht im aktuellen Zeichen-Zyklus der „Zyklone“, wie auch in früheren Reihen, intuitiv nach Metaphern, die zugleich universellen wie zeitrelevan-ten Charakter haben. Wer würde nicht zustimmen, dass die Geschwindikeit, in der wir leben, einem Zyklon entspricht. Die Zeichnungen enthalten sich freilich allem Anekdotischen, schaffen vielmehr aus vielen hundert dezidiert gesetzten und zugleich deutlich handschriftlichen Linien kreisende Energieformen, die Zeit und Bewegung als etwas unstet Vibrierendes sichtbar machen.

Doch nicht nur darin, dass sie Phänomene des kosmischen Naturraumes fasziniert in irdisch fass- oder fühlbare Formen transponieren, verbindet die beiden in Luzern wohnhaften Kunstschaffenden. Da ist auch bei ihm und bei ihr ein klarer Werk-Charakter auszumachen, das heisst, beider Schaffen ist über 35 Jahre hinweg problemlos als Einheit wahrnehmbar – etwas das für jüngere Kunstschaffende, die sich mit Haut und Haar im Zentrum des Zyklons befinden, nicht mehr möglich ist. Das macht Anton Egloff und Irène Wydler zu Klassikern und ihre Werke im Heute entsprechend wohltuend.