Lex Vögtli im Kunstmuseum Olten

Ein opulentes Sehvergnügen

annelisezwez.ch    Erschienen in Mittelland-Zeitung vom 12. August 2008

Kunst Lex Vögtli zeigt im Kunstmuseum Olten, dass zeitgenössische Malerei in Kombination mit üppiger Fantasie auch heute noch Potential hat.

Annelise Zwez

Es ist ein opulentes Sehvergnügen, was die Solothurner Künstlerin Lex Vögtli im Kunstmuseum Olten bietet: Die 36-jährige, in Basel lebende Malerin erzählt in ihren Bildern von Dingen, die wir kennen, oder auch nicht, die wir aber sicher noch nie so kombiniert gesehen haben. Surrealistisches klingt an, mit umgekehrten Vorzeichen. Es geht nicht um ein Verfremden der Realität, sondern im Gegenteil darum Versatzstücke aus dem Alltag wie der Kunstgeschichte, aus Tausend und Eine Nacht wie aus der Werbung so zu kombinieren, dass daraus eine überraschende neue Bild-Realität entsteht.

Es ist eher selten heute, dass Malerei und üppige Fantasie sich verschwestern. Dennoch kann man in der Vielfalt eine sich vergrössernde Zahl von Kunstschaffenden finden, welche das Geschichten erzählen neu entdeckt haben. Der kommende Boom zeitgenössischer Kunst aus Indien wird das noch verstärken. Lex Vögtlis Hintergrund ist aber ein hiesiger. Wenn ein Bild „Hänsel“ heisst, so wissen wir wer gemeint ist. Wenn ein Bild „Cri“ heisst, so ist „Munch“ schon da, auch wenn die Malerei stilistisch kein entsprechendes Echo auslöst.

Beide Werke zeigen, dass Vögtli keineswegs nur fabuliert, sondern durchaus den Anspruch hat Allegorien zu schaffen. Der „Hänsel“ ist kein Lebenkuchen-Hans, sondern ein Fettwanst in einem weissen Sack mit einem Knöchelchen im Gürtel vor einem inhaltslosen, lediglich durch Leuchtfarbe auffallenden Plakat. Und den „Schrei“ stösst nicht ein Mensch aus, sondern eine Art Comic-Figur mit lippenstiftrotem Schnabel in einer Peusdoprärie. Da geht es somit um Gesellschaftliches, um die Hohlheit der Werbung, die Vereinnahmung der Natur usw.

Es ist eine Gratwanderung, auf welcher Lex Vögtli geht. Denn gelingen können ihre Bilder nur, wenn sie die richtige Mischung zwischen intuitiver Setzung und inhaltlicher Vision findet. Dass ihr dies oft gelingt, macht die Faszination ihrer Bilder aus. Vielleicht so wie in „Hochnebel“. Da ragt ein künstlicher Felsen mit impressio-nistischen Flecken und bunten Plastilin-„Klettergriffen“ ins Bildgeviert. Dieses ist indes bereits von einer Milchglas-Scheibe besetzt, die ihrerseits blattlosem Geäst vorgelagert ist. Man muss das Bild nicht „lesen“, um es zu mögen, aber wer will kann daraus die Geschichte der mit farbiger Lust virtuelle Felsen erklimmenden Künstlerin kreieren, die auf die Leinwand zaubert, was sie selbst nicht ganz begreift, aber dennoch der Welt entnimmt und damit auch die Welt meint.

„Wir haben recht ‚gestritten’ um das, was in die Ausstellung kommen soll und was nicht“, sagt Patricia Nussbaum, Direktorin des Kunstmuseums Olten, welche die Künstlerin seit Jahren kennt, von ihren überaus erfolgreichen Auftritten in der Kunstszene einerseits, aber auch weil ist sie die Atelier-Nachbarin von Guido Nussbaum in Hegenheim im Elsass ist.

Dabei ging es der Kuratorin vor allem darum, Bilder mit konzeptionellem Hintergrund zu integrieren; Bilder die zeigen, dass sich Vögtli dessen, was ein Bild ist und kann, sehr bewusst ist. Von daher ist auch die eher irritierende Abbildung auf der Einladungskarte nachvollziehbar. Sie zeigt den Rücken einer Figur mit einem Heftpflaster und einer blauen Helm-Kugel als Kopf. Auch dazu lässt sich  eine Geschichte erfinden; eine Geschichte, die auch andere Werke mit einschliesst und der Künstlerin eine Position zuweist, in welcher die Fantasie, die stilistische Vielfalt und die Lust am De- und Rekonstruieren zugleich analytischen wie emotionalen Charakter hat.

Info: Ausstellung bis 26. Oktober. Ein Katalog erscheint zur Finissage. Link: www.kunstmuseumolten.ch