Wer war der Maler Jan Pieter Terwey?

Ausstellung im Rebbaumuseum in Ligerz

www.annelisezwez.ch      Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom  27. Mai 2009

Eines ist sicher – Jan Pieter Terwey (1883-1965) hat den Bielersee hundertfach gemalt.  Aber nach seinem Tod vergass man ihn. Eine Ausstellung in Ligerz zeigt Bilder und sucht Spuren.

1913 bricht der unter anderem an der Reichsakademie in Amsterdam ausgebildete holländische Maler Jan Pieter Terwey mit seinem bisherigen Leben in einer christ-lich-anarchistischen Kolonie in Blaricum und zieht in die Schweiz. Paradoxerweise ist sein frühes Leben fast besser dokumentiert als die langen Jahre, die der Maler mit Hanna Rosina Rauber und den drei gemeinsamen Kindern in Ligerz, in Twann, in Leubringen und ab 1936 in Dotzigen verbringt. Nicht eine einzige Fotografie ist überliefert.

Fakt ist, dass Jan Pieter Terwey zeitlebens und ausschliesslich als freier Künstler tätig war und seine Bilder wohl bis heute in unzähligen Seeländer Stuben hängen. Einige haben gar eine Sammlung angelegt, zum Beispiel Jean-Pierre Nemeth aus Worben. Die Gattin des Malers hatte in den schwierigen 1930er-Jahren in der Wäscherei seiner Eltern jeweils mit Bildern bezahlt, wenn – wie oft – kein Bargeld vorhanden war. Per Erbgang kamen diese Bilder zu ihm und vermehrten sich über Zukäufe. Auch ein Teil des Atelier-Nachlasses – Druckstöcke, Graphikblätter, Skizzen etc. – sind so gesichert. Seine Sammlung bildet jetzt den Grundstock der Ausstellung Jan Pieter Terwey im Rebbaumuseum „Hof“ in Ligerz.

Dass eine Sammlung gezeigt wird, ist gut, denn das bietet eine gewisse Gewähr für eine gehobene Qualität. Denn gerade bei Malern, die notgedrungen möglichst verkäufliche Werke zu schaffen versuchten, sind die qualitativen Unterschiede oft sehr gross.

Die Ausstellung überrascht zum einen, stellt aber auch sehr viele Fragen. Terwey hat, aus welchen Gründen auch immer, seine Werke signiert, aber nie datiert, mit Ausnahme einiger abstrakter Arbeiten auf Papier in den 1950er-Jahren. Das macht eine Orientierung schwierig. Ist das überzeugende Seestück mit Segelschiff – das eher eine Meer- als eine Bielersee-Landschaft zu sein scheint – ein Frühwerk, noch ganz im Bann seines Ex-Schwiegervaters, des holländischen „Divisionisten“ Otto van Rees? Die Divisionisten – auch Pointilisten genannt – haben im Nachgang zu den Impressionisten die Fläche in kleine Striche aufgelöst. Auch bei Terwey ist das ein Charakteristikum, wenn auch nur selten so weit vorangetrieben wie in diesem Seestück.

Die Landschaft ist das dominierende Thema von den Graphik-Blättchen, welche – so sagt man – seine Kinder in den 1930er-Jahren beim Bahnhof Biel verkauften – über kleine Aquarelle bis zu Ölbildern auf Leinwand in meist mittleren Formaten. Von Ausnahmen abgesehen, sind es ganz primär Seeländer Landschaften, vielfach Blicke auf den Bielersee mit der Petersinsel als Orientierungspunkt.

Was sie von anderer Seeländer Malerei der Zeit unterscheidet, ist – vereinfacht ausgedrückt – eine stärkere Orientierung am französischen Nachimpressionismus, das heisst das expressive (deutsche) Moment, das zum Beispiel die Bilder von Ernst Geiger mitbestimmt, fehlt bei Terwey. Sein Interesse galt in seinen besten Bildern weniger der Materie als vielmehr dem Wasser und dem Licht und den Vibrationen dazwischen. Ein Erneuerer war er dabei nicht und seine künstlerische Bedeutung bleibt auch in der Rück-Sicht regional.

Dass seine Bilder aber bisher kaum in den umfassenden Kontext der Bielersee-Maler gestellt wurden, ist unverständlich. Ebenso wie die Tatsache, dass Terwey nach heutigem Wissensstand zu Lebzeiten nicht eine einzige Ausstellung  in einer Galerie oder an einem öffentlichen Ort hatte. Obwohl es in Biel bereits früh Galerien gab. Nicht zuletzt darum vermochte Terwey seine Familie finanziell nie mit seiner Malerei durchzubringen – zu gewissen Zeiten musste sie von der holländischen Botschaft unterstützt werden.
Terwey wurde auch nie Schweizer Bürger – war es, weil er zeitlebens Angst hatte, seine Vergangenheit als Militärdienstverweigerer in Holland würde ans Licht kommen? War sein „Ausländer-Status“ andererseits ein Grund  für seine Aussenseiterposition?

Kuratorin der Ausstellung im „Hof“ in Ligerz ist die Ligerzer Historikerin Heidi Lüdi. Trotz mancherlei Bemühungen, wurde sie zu all diesen biographischen, aber auch die Rezeption des Werkes betreffenden Punkten bisher nirgendwo fündig. Von den drei Kindern Terweys lebt heute noch ein Sohn, doch er möchte – aus persönlichen Gründen – nichts über seinen Vater sagen. Wird die Ausstellung  andere Erinnerungen zutage fördern?

Info: Ausstellung bis 31. Oktober. Offen jeweils Sa/So 13 bis 16.30 Uhr.

Bildlegende:
Jan Pieter Terwey: Bielersee-Landschaft in dem für den Wahl-Seeländer typischen „divisionistischen“ Stil. Bild: azw