Laurent Schmid bei Bernhard Bischof 2010

Rope Tricks

 

www.annelisezwez.ch          Annelise Zwez in Kunstbulletin November 2010

Bern – Laurent Schmid (geb. 1960) gilt als Foto-, Video-, seltener Objektkünstler. Das stimmt und stimmt nicht. Denn der in Bern lebende und in Genf lehrende Künstler fotografiert nicht und filmt nicht. Er „konfisziert“ vielmehr in aufwendigen Recherchen entdeckte Fotografien aus der Welt der Wissenschaft und treibt sie mit teils selbst entwickelter Software trickreich weiter bis die Fälschungen zu künstlerischen Statements werden.

Als Bildschirm-Animationen, als Pigmentprints auf Fotopapier oder grossformatigen textilen Trägern gelangen sie in den Kunstbetrieb.  Das könnte eine simple postmoderne Haltung sein. Doch Schmid geht es um mehr als Appropriation, denn ihn faszinieren nur geschichtliche Fotos, welche die Handschrift und die Vita der Forscher mit beinhalten und deren Motive heute so brisant sind wie damals.

Beispiele aus zwei Serien stehen aktuell im Fokus – die „Flying Knotholes“ und die „Ummagmma“-Modelle. Erstere basieren auf Fotos von Harold Edgerton, der mit seiner Nanosekunden-Kamera die für menschliche Augen nie sichtbar gewesene (Bild)-Wirkung der US-Atomtests von 1953 festhielt. Schmid verschmolz sie mit einem Morphing-Programm zu science-fiction-artigen „Ufos“ und verklausuliert so mit ihrer „Nettigkeit“ sowohl die Naivität wie die Monstruosität der damaligen Experimente.

Die zweite Serie basiert auf Fotos von Atommodellen von Niels Bohr, die Schmid durch Einfärbung und Vergrösserung zu popartig wirkenden Leuchtobjekten mutierte. Nicht zuletzt geht es Schmid hier wie dort um die Einflüsse „seiner“ Fotos auf die Bildgewohnheiten in Grafik, Design und Kunst  in der jeweiligen Zeitepoche.  AZW

 Galerie Bernhard Bischoff, bis 27. Nov. 2010

 www.bernhardbischoff.ch

 

Bildlegende:

Laurent Schmid: „Flying Knothole“, Pigment-Inkjet auf Fotopapier, 25 x 25 cm, 2010. Foto: zvg