www.annelisezwez.ch   Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 15. April 2011polvam

Im Lokal-int. findet die 1. Internationale Bieler Fanzine Week statt. Dahinter stecken die jungen Grafiker, die an der Eisengasse den „Amazing vandag fanzine Kiosk“ betreiben.

Die viel beklagte Bilderflut, so macht die  im Loka-int. klar, gründet nicht zuletzt darauf, dass in der jungen kunstnahen Grafikszene eine unglaubliche Bilder-Lust besteht. Was am PC nach dem „found footage“-Prinzip (eine Art Recycling-Methode) zeitgeistig zusammengewürfelt wird, findet alsobald seinen Ausdruck auf Papier, wird als „Fanzine“ oder – schon etwas anspruchsvoller – als „Edition“ bezeichnet und in Umlauf gesetzt. Damit dieser Umlauf  überhaupt geschieht, bildete sich in den letzten Jahren eine Art „Kiosk“-Kultur, die nach dem Versandhaus-Prinzip oder auch ähnlich wie die „Off-Spaces“ als Treffpunkt-Kultur  funktioniert. Die Bilder-Produzenten sind dabei oft ihre eigenen Verleger; es gibt aber auch bereits eine Vermittlerebene – die „kodoji-press“ oder die  „Birswanger Contemporary“ zum Beispiel -– die quasi von unten an die Künstlerbuch-Szene andockt und im besten Fall Untergrund-Kult-Status erreicht.

Dass sich diese Entwicklung in Biel – Sitz einer Grafik-Ausbildungsstätte mit langer Tradition – lebendig manifestiert, wundert nicht. Chri Frautschi, Initiant und Betreiber des Lokal-int. gründete schon vor Jahren die „Edition-fasting-plockare“, die Kleinst-Kunst im Abonnement vertreibt, wobei das „Fanzine“ eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Im Vergleich zur jungen „Vandag“-Gruppe um Lara Greub und die Structo-Grafiker Burgener/Delachaux/Konrad ist Frautschi jedoch bereits eine Vater-Figur. Als solche besuchte er die monatlichen „Amazing Vandag Fanzine Kiosk“-Events an der Eisgengasse und vor allem auch den kürzlichen Auftritt der Gruppe im „Arthur“ – einem kleinen Kultur-Ladenlokal via-à-via des St. Gervais. Woraus jetzt das „Festival“ entstand.

In der zeitgenössischen Kunst taucht im Zusammenhang mit der Krise der klassischen Ausstellung und der Diskussion um neue Vermittlungsformen  immer wieder der Begriff der „kollektiven Kreatitivät“ auf. Für die Fanzine-Szene ist das Alltag. Zum einen ist ihr das Experiment des Bilder Machens und gemeinsam Auswerfens oft wichtiger als Inhalte im Einzelnen, zum andern ist ihr klar, dass Events auch Aktivitäten fordern; so gab es an der Eisengasse einmal einen Haarschnitt für  2 Franken, einmal eine Art „Foto-Automat“ und auch jetzt – beim bisher grössten Auftritt im Lokal-int. will „vandag“ aktiv werden. „Alles hängt davon ab, ob es uns gelingt einen Kopierer aufzutreiben“, sagt Lara Greub. Kurzfristigkeit gehört in dieser Szene zum System.

Für das Festival unterstützte Frautschi die Gruppe mit seinem Netzwerk. Das heisst, er schrieb verwandt agierende Gruppen an, nutzte Facebook, Twitter und andere Blogs, um Fanzines von überall her nach Biel zu holen. Und diese kamen denn auch per Post und stehen jetzt in den Regalen;  zusammen mit den lokalen Fanzines, den aus verschiedensten Ecken der Schweiz stammenden, jenen die aus Wien, aus New York – ja gar aus Djakarta – nach Biel kamen. Ein bisschen erinnert das an die Mail-Art, die in den 1970er-Jahren als Austausch von Fotokopien aufkam.

Thematisch kann man alles haben – Menschliches,Tierisches und alles was dazwischen denkbar ist. Formal reichen die Ansätze von Konzeptuellem über Comicnahes und Illustratives bis hin zu Science Fiction und Gameworld. Gedruckt wird oft auf billigstes Papier, meist schwarz-weiss, man findet aber auch Fanzines, die fast schon Kataloge sind. Das heisst es trifft sich ein kunterbuntes Miteinander von zeichnerischen Ansätzen auf festem Papier bis hin zu wild Collagiertem, Überdrucktem, mit Schrift Überlagertem auf Papierbogen, welche die Zeit kaum unbeschadet überdauern werden.  Ob die Vielfalt schon das Thema ist oder ob sich unter der bunten Oberfläche auch Verdichtetes versteckt, ist nicht eindeutig eruierbar.

Info: Zwei Donnerstag-Events sind angesagt, am 14. und 21. April 2011, jeweils 16 – 20  Uhr. Lokal-int. Hans Hugistrasse 3, Biel.

 

 

Bildlegende:

Eine Fülle von Fanzines aus dem In- und Ausland stehen zur Zeit auf den Regalen des Lokal-Int.  hinter dem Casino in Biel.  Bild: azw