Jan Pieter Terwey (1883-1965)

Leben und Werk

Katalog NMB Neues Museum Biel

(für Abbildungen – siehe Katalog!)

 

Jan Pieter Terwey –seine Zeit in der Schweiz (1912/1913/–1965)

Spuren, Beobachtungen, Reflexionen

Wir schreiben das Jahr 1906; ein Jahr inmitten grosser Kontraste, auch in der Kunst. In Wien steht der Jugendstil in Blüte, in Paris der Kubismus vor der Türe. Ungesicherten Quellen folgend, reistder 23-jährige Jan Pieter Terwey im Winter 1906/1907 ein erstes Mal in die Schweiz, zu Verwandten in Zug. Bildungsreisen gehören seit dem späten 18. Jahrhundert zu jeder Künstler-Vita. Die Schweiz erfreut sich dabei insbesondere bei Landschaftsmalern grosser Beliebtheit.

Der junge Terwey ist seit 1905 Mitglied des Blaricum-Kreises in Holland, der eine «christlich-anarchistische» Lebensauffassung vertritt. Seine künstlerische Ausrichtung ist noch nicht fixiert. Neben illustrativen Arbeiten finden sich im Nachlass aus dieser Zeit figürliche Pastellkreide-Blätter, die auf einen der Jahrhundertwende verpflichteten, religiösen Symbolismus verweisen. Es ist indes anzunehmen, dass das Erleben der Landschaft während der ersten Reise in die Schweiz 1906/1907 ihn nachhaltig beeindruckt, denn wenige Jahre später tritt sie als Hauptmotiv in sein Schaffen und bleibt es bis zu seinem Lebensende.

An eine Emigration in die Schweiz denkt Terwey mit Sicherheit noch nicht. Denn noch stehen die Aktivitäten in Holland im Zentrum, auch wenn die in Briefen und Lexikoneinträgen erwähnten Reisen nach München, London, Paris und Rom mit jeweils wichtigen Museumsbesuchen zweifellos zukunftsweisend waren. In einem Brief an seinen Mentor und Förderer, Hendricus Petrus Bremmer in Den Haag, schreibt er u.a.: «In München sah ich 3 Gemälde von Giotto und verstehe jetzt, was Sie mit ‹spirituell sehen› meinten […] auch sah ich schöne Lithographien von Hans Thoma. Rembrandt hingegen mag ich absolut nicht; seine ‹Auferstehung› zu München fand ich sehr banal».

1911 ist Terwey wiederum in Zug respektive unterwegs in der Schweiz. Und von diesem Zeitpunkt an mehren sich die Aufenthalte. Den ersten erhaltenen Schweizer Brief im Nachlass von Bremmer, datierend vom 29. April 1913, schreibt er – was für eine Überraschung –aus «Evilard sur Bienne». Der Hintergrund für diese Ortsangabe geht aus dem Brief leider nicht hervor und bereits einen Bezug zu seiner späteren Ehefrau, Hanna Rosina Rauber (geb. 1. Juli 1894 in Biel), zu konstruieren, ist Spekulation, da sie zu dieser Zeit mit ihren Eltern und ihrem 1905 geborenen Bruder Hans Hermann in Arosa lebt. 

Bereits in diesem ersten Brief beschreibt Terwey dem Förderer seine finanzielle Situation und seine Suche nach potentiellen Sammlern, ein Thema, das ihn immer wieder beschäftigen wird: «Sie werden wahrscheinlich dieser Tage Besuch erhalten von Herrn Lensvelt. Ich habe ihm geraten, Sie zu besuchen und allerlei zu fragen. Er hat mir, wohl aus persönlicher Sympathie, sehr geholfen, so dass ich es finanziell so gut habe, dass ich ruhig und meinen Bedürfnissen entsprechend studieren und arbeiten kann […]. Er ist ein Laie im Sehen von Bildern, daher wäre es wertvoll, ihm einige Erkenntnisse zu vermitteln.» Leider löst sich der Traum vom Mäzen schon bald wieder auf, indem der «Herr», wie Terwey in einem der nächsten Briefe schildert, sich ausserstande sehe, die Kunst zu verstehen und darum auch kein Interesse habe, ihn weiterhin zu unterstützen.

Interessant ist, dass Terwey in diesem Schreiben erstmals seine künstlerischen Vorbilder nennt: «Ich kann Ihnen [Bremmer] nicht genügend danken für den Vincent […], ohne unter seinen Einfluss zu geraten, kann ich viel an ihn denken. Ich weiss zu gut, dass ich anderer und weniger heftiger Natur bin. Wie miserabel man sich auch fühle, man muss doch immer sich selber bleiben, soll es gut gehen.». Nicht nur von Vincent van Gogh, den er immer wieder als künstlerisches Ideal bezeichnet, sondern «auch von den Schweizern Hodler, Buri und Amiet lerne ich viel. Die Tiefe geht nicht sehr weit, aber da sitzt ein bodenständiger […] Blick, der uns ‹kleinkarierten› Holländern […] gut tut.» 

Der Brief macht klar, dass sich in Terweys künstlerischer Vision im Vergleich zu den Jahren in Holland ein Wandel vollzieht. Schliesslich geht es im Brief von 1913 aus Evilard aber auch um Handfestes, um die Frage, ob sich Bremmer für Verkäufe seiner Werke in Holland einsetzen könne. Und das kann er, ist der Künstler, Kunsterzieher und Publizist doch unter anderem Berater von Helene Kröller-Müller (1868–1939), in deren Sammlung sich bis heute zahlreiche Arbeiten Terweys befinden. Es ist anzunehmen, dass auch die lebenslangen Beziehungen, die Terwey zum holländischen Kunstmarkt pflegte, auf Bremmers Vermittlung zurückgehen. Für uns hier in der Schweiz ist diese Ausrichtung Terweys auf den holländischen Kunstmarkt insofern von Wichtigkeit, weil sie Hinweise darauf gibt, warum sich der Künstler zeitlebens nie darum bemühte, in der Schweiz adäquat rezipiert zu werden.

Auch wenn Terwey in Holland als wichtiger junger Künstler wahrgenommen wird, so ist dieser Absatzmarkt dort finanziell keineswegs ein besonders erfolgreicher. Es ist möglich, dass der mennonitische Hintergrund seiner Familie dieser positiven Wahrnehmung in jungen Jahren förderlich war, waren die Wiedertäufer in den Niederlanden doch gut vernetzt, auch wenn sie dies nie lautstark zum Ausdruck brachten.Entsprechend freute man sich da auch keineswegs an der Dienstverweigerung Terweys im Jahre 1903, da dies einiges Medienecho mit sich brachte, wie die Global Anabaptist Mennonite Encyclopediain ihrer Online-Ausgabe festhält.

Im Laufe der Jahre erlebte Terwey indes, was bis heute für viele Künstler, die im Ausland arbeiten, Realität ist: Sie werden in ihrem Ursprungsland mehr und mehr vergessen und von ihrer Wahlheimat nicht ihrer Bedeutung entsprechend integriert, was dazu führt, dass sie nirgendwo mehr als «einheimisch» gelten. Im Fall Terwey kommen die politischen Geschehnisse in Europa, die Okkupation Hollands durch die Nationalsozialisten und der Zweite Weltkrieg als eigentliche Zäsuren hinzu. Dennoch kann nicht von einem gänzlichen Ausblenden seitens der Niederlande gesprochen werden, dann und wann finden Ausstellungen statt und noch anfangs der 1960er-Jahre befragt ihn das holländische Radio nach seinen Erinnerungen an einen alten Freund. Und ebenso kann angemerktwerden, dass Werke von Jan Pieter Terwey in holländischen Auktionshäusern bis heute rege gehandelt werden.

 

Wahlheimat Schweiz

Den zweiten Schweizer Brief an Bremmer schreibt Terwey am 10. August 1913 aus Arosa. Er vermerkt darin, dass er zuvor einige Tage in Holland gewesen sei. Vermutlich trennte er sich damals von Mies van Rees, die er 1909 (ev. 1907) in Blaricum nach den freien Gesetzen der Gemeinschaft (das heisst: nicht amtlich) geheiratet hatte wie das Biografische Nachschlagewerk über die Sozialistische Arbeiterbewegung in den Niederlanden berichtet: «Am 19. Mai 1913 verliess er Jeanette (Mies) van Rees und zog in die Schweiz. Dort heiratete er 1917 Hanna Rosina Rauber, mit welcher er eine Tochter und zwei Söhne hatte.» Das hier angegebene Hochzeitsdatum ist falsch, denn im Zivilstandsregister der Gemeinde Windisch, wo Rosina Rauber heimatberechtigt war, ist eingetragen, dass die Heirat am 29. Januar 1914 in Arosa stattgefunden und dass sie dadurch ihre schweizerische Staatsbürgerschaft verloren habe.

Somit scheint die Trennung von Mies van Rees ihren Hintergrund in der Liebesbeziehung zur damals erst 19-jährigen Hanna Rosina Rauber zu haben, denn diese wohnt damals mit ihren Eltern und ihrem Bruder in Arosa. Ob die Familie aus gesundheitlichen Gründen von Biel ins «Mekka» der Sonnentherapie Arosa gezogen war oder ob berufliche Gründe den Ausschlag gaben, ist nicht bekannt. Fakt ist aber, dass Arosa um 1900 einen unglaublichen Boom erlebte, der im Bau der Chur-Arosa-Bahn 1912–1914 gleichsam kulminierte.

Terwey liebt die Berge und erstmals kann nun auch in seinem künstlerischen Œuvre eine direkte Verbindung zwischen Werken und Zeitepoche hergestellt werden. Es gibt einige Skizzen, Pastelle, Aquarelle, Leinwandbilder mit Bergmotiven aus dem Bündnerland. Allerdings räumt das Fehlen von Datierungen Zweifel am exakten Zeitbezug nie ganz aus, da die Familie Terwey immer wieder Zeit in Arosa verbrachte.

In besagtem Brief von 1913 aus Arosa geht es aber nur bedingt um Malerei. Den Maler drücken – wie zeitlebens – finanzielle Sorgen, und so fragt er Bremmer, ob es nicht möglich wäre, dass ein Kreis von Interessierten eine Art Abonnement zeichnen würde, das ihnen für 20 bis 30 Gulden monatlich jedes Jahr Anrecht auf ein Bild in der Grösse von 35 x 50 Zentimeter geben würde. Anzeichen für eine Realisierung des Gedankens gibt es nicht, da er schon in den nächsten Briefen Bremmer um einen Vorschuss von 500 Gulden bittet, da ihm das Betreibungsamt mit der Beschlagnahmung seines Hausrates drohe. Noch ist Terwey nicht definitiv in der Schweiz. Die nächsten beiden Briefe schreibt er am 29. März respektive 22. Mai 1914 in Blaricum. Darin kündet er erfreulicherweise eine Ausstellung im Stedelijk Museum in Amsterdam im Juni des Jahres an. Da es noch viel Platz gebe, würde er gerne mit Bart Van der Leck (1876–1958) zusammen ausstellen; ob Bremmer ihm da behilflich sein könnte?

In Informationsblättern zu Ausstellungen oder in mündlichen Überlieferungen der letzten Jahrzehnte wurde behauptet, Terwey sei in der Schweiz «hängen» geblieben, weil ihm bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein Aufgebot in die Armee gedroht hätte und er da als Dienstverweigerer in Schwierigkeiten gekommen wäre. Das mag nicht falsch sein, aber es entspricht so nicht der Biographie des Künstlers, umso weniger als er bei Ausbruch des Krieges im Herbst 1914 (das Attentat in Sarajevo fand im Juni 1914 statt) bereits Wohnsitz in Locarno hat und überdies mit einer Schweizerin verheiratet ist. Viel eher ist es eine Flucht vor den Geldeintreibern.

Terweys Wirkungsfeld ist nun über mehrere Jahre hinweg primär das Tessin, wo in den 1910er-Jahren immer noch der Geist des «Monte Verità» weht und wo, insbesondere während des Ersten Weltkrieges, zahlreiche Künstler aus ganz Europa leben und arbeiten. Auch Terweys holländischer Künstlerfreund Otto van Rees lebt zu dieser Zeit in Ascona. Allerdings dürfte diese Beziehung eher schwierig gewesen sein nach der Scheidung von seiner Schwester. Im ersten Tessiner-Brief an Bremmer (23. Juli 1914) schwärmt er von der schönen Wohnung, die er «für uns» gefunden habe, für nur 800 Franken im Jahr. Hingegen klagt er, müsse er jetzt 400 Franken anzahlen. Aber er wolle nicht immer nur von seinen Finanzen schreiben. Er studiere hier intensiv die wundervolle Natur und halte sich mit Philosophie geistig über Wasser. Er habe den Ehrgeiz,ein wirklich guter Maler zu werden.

Ab November 1914 gehen die Karten und Briefe in dem direkt unterhalb des Monte Verità gelegenen «Askona» auf die Post. In Locarno sass ihm das Betreibungsamt offenbar so im Nacken, dass er einen Teil seines Hab und Gutes verpfänden und seine Frau vorübergehend zu ihren Eltern nach Arosa zurückkehren musste. Er schreibt, er versuche Arbeit als Zeichner zu finden, stehe mit der «Maggi-Fabrik» in Kontakt, doch ergibt sich schliesslich wenig daraus. Die Situation ist äusserst prekär. Dennoch fasst er in Ascona schon wieder Mut: «Unterdessen habe ich (dank der finanziellen Hilfe Bremmers) zu zweien Malen unseren Haushalt retten können. Meine Frau ist so glücklich darüber und ich deshalb nicht weniger?! Ich habe schwer schuften müssen wegen dieser Geschichte von Locarno nach Askona und nun alles ordentlich in einem Zimmer unterzubringen. – Um warm zu bleiben laufe ich viel und mache Gedichte unterwegs – ganz schön lächerlich! Aber ich weiss nun mal nichts Besseres zu tun. Dabei arbeite ich an 20 kleinen Gemälden gleichzeitig, wenn die Sonne scheint und ich draussen sitzen kann.»

[Künstlerischer Umbruch]

Wo steht Terwey künstlerisch in dieser Zeit? Ist er bereits der Landschaftsmaler, als den wir ihn im Seeland kennen? Vermutlich nicht. Das Fehlen von Datierungen macht eine Analyse schwierig, aber das Verzeichnis der primär in den 1910er-Jahren angekauften Werke in den Beständen des Kröller-Müller-Museums in Oterloo zeigt auf, dass er – nicht zuletzt aufgrund der räumlichen Bedrängnis – vor allem auf Papier arbeitet, somit Zeichnungen (Tinte/Bleistift/Farbstift), Pastelle und Aquarelle (oft in Kombination) sowie Holzschnitte im Vordergrund stehen. Im Laufe der Jahre wird Terwey eine ganz besondere Qualität der Verbindung von Bleistift, Farbstift, Pastellkreide und Aquarellfarben in ein und demselben Werk entwickeln; ein Miteinander von klaren Linien, ausfasernden Strichen (Pastell) und feinen Pinselzügen in den ihnen eigenen Materialbeschaffenheit Die Formate gehen von winzig klein (6 x 9 cm) bis zu 25 x 30 Zentimeter. Motivisch sind es zum einen ausschnitthafte zum anderen in die Weite weisende Berg- und Seelandschaften, die Gegenden in Arosa und im Tessin zeigen, aber auch Stillleben und – in nicht geringer Zahl –religiöse Darstellungen Im Brief an Bremmer vom 7. April 1915 schreibt er unter anderem von einer Serie zur Offenbarung des Johannes.

Das heisst, des Künstlers Schaffen befindet sich zwischen der frühen, illustrativen Ausrichtung mit mehrheitlich christlichen Themen und den neuen Herausforderungen der Landschaft sowie – in kleinerem Mass – des Stilllebens, dann und wann auch des Porträts. Dabei gibt es auch eine ganz klare stilistische Abgrenzung. Die illustrativen Arbeiten sind klar figurativ, oftmals farb- und flächenbetont. Die Landschaften – insbesondere die Kombinationen von Kreide und Aquarell – hingegen orientieren sich am französischen Pointilismus, den Terwey durch seinen Freund Otto van Rees, der 1905 in Paris weilte, kennengelernt hatte.

Aus den Jahren 1916 und 1917 sind keine Briefe an Bremmer erhalten. Erst am 20. Januar 1918 haben wir wieder direkte Kunde von ihm. Der Brief nennt nun als Absender Gentilino, ein kleines Dorf an der Strasse von Lugano hinauf zur Collina d’Oro, somit auch Montagnola, wo ab 1918 Hermann Hesse wohnte. Ein Exlibris-Entwurf dokumentiert, dass Terwey dies wusste und sich auch mit Hesse auseinandersetzte. Das Motiv –«der Vogel schlüpft aus seinem Ei» zeigt eine bekannte Interpretation zum 1919 erschienenen «Demian», – der reichlich romantischen Entwicklungs-Geschichte des Emil Sinclair, – in welcher sich Terwey zweifellos selbst erkannte.

In dem dicht beschriebenen, 4-seitigen Brief geht es zunächst darum, dass offenbar Jakob van Rees (sein Ex-Schwiegervater) Bremmer bat, Terwey ein wenig über die Runden zu helfen. Doch das will dieser nicht: «Sie haben für mich mehr getan als sie wahrscheinlich konnten und ich weiss auch, dass wenn meine Arbeit gut genug, Sie der erste sein werden, der mich mit Erfolg unterstützen wird». Wir finden hier auch einen der wenigen überlieferten Sätze Terweys zu Hanna Rosina: «Meine Frau geht in ihrer Anhänglichkeit so weit, dass sie von ihren Sachen verkaufen will, um mir das lang ersehnte Buch mit den Briefen Van Goghs zu kaufen, was ich mir mit viel Widerstand gefallen liess. Sie kann aber nur halb wissen was die Briefe mir Wert sind […].» Mit ihnen als Leitgedanken hält er durch, akzeptiert seine Armut, arbeitet an sich und seiner Kunst.

Die Lektüre der Briefe erklärt indirekt auch seine Haltung gegenüber der Moderne: «Ich habe Kandinskys Schrift ‹Über das Geistige in der Kunst› gelesen, habe, darin viel Gutes gefunden, aber seine Arbeiten beweisen mir doch, dass die Auflösung der Wirklichkeit in objektive Erscheinung zu Dingen führt, die für mich nicht attraktiv sind. Dasselbe, aber dann in einer gebundenen Form, gilt auch für die neue Zeitschrift ‹De Styl›. Ich glaube, ich sollte Huszar schreiben […], dass er bessere Sachen machen kann und Van der Leck und Mondrian auch. Obwohl ich diesen Van der Leck im Büchlein von Van Doesburg, ‹Arbeiter beim Entladen eines Dampfers›, sehr gut finde. Wenn er bloss da geblieben wäre, dann würde es selbst für mich sehr wertvoll sein und viel mehr als diese ‹Eselreiter› in ‹De Styl›. Denn […] nach meinem Wissen und Fühlen gilt es in der miserablen Realität etwas zu finden, wodurch die Erscheinung dieser Realität einen Mehrwert erhält.» Einige Jahrzehnte später wird er teilweise anders denken!

Auffallend ist, dass Terwey mit keinem Wort auf Kontakte mit anderen Künstlern im Tessin hinweist, weder in diesem noch in früheren Briefen. Ob es keine gab? Immerhin ist hier wie in den folgenden Briefen von 1918 von einer kommenden Ausstellung bei Gerhards Kunsthandel in Utrecht die Rede: «Da will ich versuchen zu beweisen, was ich vorgängig beschrieben habe». Derweil hat Hanna Rosina offenbar Arbeit in der Kinderpflege gefunden: «Wenn es gelingt, dass meine Frau in der Kinderpflege […] eine geregelte Zukunft kriegen kann, dann […] werde ich froh sein, dass ich ihr wenigstens nicht mehr Unrecht tun kann. Sie ist noch so jung und kann noch so viel mehr mit ihrem Leben anfangen als nur die ewige Misere von mir teilen zu müssen. Was ihre Nerven […] doch sehr strapazierte.» Und zu guter Letzt: «Es wird Frühling werden im Tessin und damit alles gut und […] ich bin froh, dass ich ein Maler bin und kein Soldat, ich wenigstens». Dann versiegt der Fluss an erhaltenen Briefen – die einzigen authentischen Äusserungen Terweys, die der Forschung zur Verfügung stehen. Die Briefe zeigen indes bezüglich Vision, Lebenserfahrung, der Fähigkeit mit Armut umzugehen und hartnäckig Maler zu sein und zu bleiben, eine Haltung, die auch für die kommenden Jahrzehnte im Seeland stets mitzudenken sind.

Ein letzter uns überlieferter Brief vom 26. Mai 1921 ist sehr viel distanzierter, weniger emotional geschrieben als die früheren. Verfasst hat ihn Terwey an der Florhofgasse 3 in Zürich Zunächst geht es um ein Bildnis eines Holländers, das er gefunden hat und nun verkaufen möchte. Dann aber spricht er von Fortschritten in seiner Kunst, wenn auch alles langsam gehe. Es gibt auch eine gewisse Zuversicht: «Enfin, ich haste nicht mehr so […] [ich] möchte enorm viel machen, um Frau und Kindern und mir selbst den Lebensunterhalt zu sichern. Kleine Dinge für wenig Geld mag das Beste sein.» Damit erwähnt er erstmals eine mögliche Einnahmequelle, die er in der Folge umsetzte und damit das bisher bekannte Bild in der Region Seeland prägte und gleichzeitig das Einschätzen der ausserordentlichen künstlerischen Qualität seines Hauptwerkes erschwerte.

Zwar schreibt Terwey diesen Brief in Zürich – es gibt aber keine Hinweise, dass er dort lebte. Als am 24. Juli 1921 Sohn Joachim in Biel zur Welt kommt, gibt Rosina Terwey als Wohnadresse die «Quellgasse 21»in Biel an während ihr Ehemann noch immer «Gentilino» als Wohnsitz nennt. Ganz offensichtlich befindet sich die Familie in einer Umbruch-Situation. Den neu-alten Bezug zur Region Biel kann man indirekt auch einer kleinen Ausstellungsbesprechung im Bieler Expressvom 12. Oktober 1922 entnehmen: «In vornehmer Bescheidenheit hat Jan Terwey in den Lokalen der Handelsschule an der Neuengasse eine Ausstellung neuer Werke, die über die Sommerszeit entstanden sind, veranstaltet.» Biographisch informativ ist, dass derAutor schreibt: «Wir hatten schon früher Gelegenheit, eingehend auf das künstlerische Schaffen Jan Terweys einzutreten, so dass der Name dieses Künstlers für Biel nicht mehr unbekannt sein sollte». Tatsächlich verweist ein kleiner Artikel desselben Autors in nämlichem Express vom 8. Dezember 1921 auf eine erste Ausstellung hin. Damit steht fest, dass die Terweys um 1920/1921 ins Seeland ziehen und der Künstler sogleich daran geht, seine Werke auszustellen. «In der gegenwärtigen Ausstellung», so steht im Express von Oktober 1922 weiter, «stellt er vorzugsweise Aquarellgemälde aus, die durch die brillante Technik überraschen und die gewohnte tiefe Einwirkung der Natur auf die Seele des Künstlers nicht entbehren.» Ob die Bezeichnung der Technik «Aquarell» stimmt, ist fraglich, denn Terwey war zu keiner Zeit ein reiner Aquarellist; es gibt Arbeiten mit Wasserfarbe, aber er bevorzugte die Pastellkreide, die er oft in Kombination mit Aquarell- respektive Gouachefarben einsetzte Es gibt auch Ölstudien auf Papier, Gouachen auf Papier.

Die Wertung des Autors ist sehr pathetisch, wie das der Vorstellung von «Kunst» damals noch entsprach: «Terwey macht vor dem Grossen in der Natur Halt; jedes Wolkengebilde, jede Linie ist ihm ein göttliches Kunstwerk, das er innerlich verarbeiten und festhalten muss. Dazu bietet ihm die Gegend des Bielersees reiche Gelegenheit und die Ausstellung wird dadurch zur wahren Verherrlichung unserer engeren Heimat.» Terwey arbeitet 1922 primär auf Papier oder Malkarton. Wie eine Ausstellungsbesprechung von 192513nahelegt, gewinnt aber die schon in Frühwerken nachgewiesene Ölmalerei auf Leinwand kurz danach an Bedeutung. Motivisch konzentriert er sich auf die Landschaft, was der Entwicklung der vorangegangenen Jahre entspricht, aber auch weil sich die Landschaftsmalerei immer grösserer Beliebtheit erfreut und somit eine potentielle Käuferschaft hat. Die Bieler Ausstellung von 1922 ist auch bereits ein Hinweis darauf, dass sich Terwey seine Fenster zur (Schweizer) Öffentlichkeit selbst organisiert und nur selten in Galerien oder Kunstsalons ausstellt, die es in Biel damals durchaus schon gibt. Das wird auch in den folgenden Jahrzehnten so sein, mit der bedauerlichen Konsequenz, dass seine Malerei von den Medien, den offiziellen Institutionen, dem Kunstbetrieb – auch den anderen Seeländer Künstlern – kaum wahrgenommen wird. Und so kommt es schliesslich – Jahrzehnte später – zur paradoxen Situation, dass in vielen Wohnungen in Biel, im Seeland, bei Heimweh-Seeländern all überall und sogar in Übersee, über lange Jahre Bilder von Terwey hängen, aber niemand etwas über den Künstler weiss.

Wo die Familie Terwey in den ersten Jahren im Seeland wohnte, konnte bisher nicht eruiert werden. Erst im Jahr 1925 wird der Aufenthalt amtlich fassbar. Im Ausländer-Register der Gemeinde Sutz-Lattrigen ist vermerkt, dass die Familie von März 1925 bis Januar 1926 in der Gemeinde angemeldet war und dann nach Twann weiterzog, wo sich ein entsprechender Registereintrag findet und zwar bis zum 20. November 1934 dauernd. Zu diesem Zeitpunkt zieht die Familie weiter nach Leubringen/Evilard und von da 1936 ins «Schössli» nach Dotzigen, wo Jan Pieter, Rosina, Gertrud, Joachim und Helmut Terwey in der Folge bis zum Tod des Malers 1965 leben.


Künstlerdorf am Bielersee

Bezüglich Twann wissen wir auch, wo der Künstler sein Atelier hatte, nämlich im ehemaligen Schützenhaus, der sogenannten «Sonnenflue», die hoch über dem Dorf, direkt neben dem Eingang zur Twannbachschlucht steht. Wie Recherchen neuerdings ergaben, wohnte allerdings nicht die ganze Familie da, Terwey hatte lediglich einZimmer daselbst; mit wunderbarem Ausblick auf die Rebberge ob Twann, den See und hinüber ans Südufer sowie die Petersinsel im Südwesten.

Die Sonnenflue, wo noch bis 1911 geschossen wurde, war 1924 von Maler Fritz Furer (1887–1974) erworben und in ein Wohnhaus umgebaut worden. Dass er dem in einer prekären finanziellen Situation lebenden Terwey einen Raumvermietete, hat möglicherweise mit der philosophischen Weltanschauung der beiden zu tun. Fritz Furer, der als Dekorationsmaler in Deutschland eine gesuchte Fachperson gewesen warund in München Malerei studiert hatte, war ein überzeugter Freidenker. Viele Jahre war er Präsident der Bieler Sektion der freigeistigen Bewegung, die in ihren Anschauungen nicht weit entfernt war von der christlich-anarchistischen Vereinigung wie sie den holländischen Blaricum-Kreis bestimmte, dem Terwey angehörte. Getroffen haben könnten sich die beiden fast Gleichaltrigen auf einem ihrer Spaziergänge dem See entlang, denn beide waren zeitgleich auf Erkundungstour in ihrer eben zur Wahlheimat erklärten Gegend.

Ihr Werk lässt jedoch nicht den Schluss zu, sie hätten gemeinsame künstlerische Wurzeln. Fritz Furer bleibt in seiner Malerei lange Zeit der verhaltenen Kolorierung treu, wie sie die deutschen Impressionisten um Künstler wie Max Liebermann anwendeten, während Terwey in Handschrift und Farborchestrierung auf Frankreich ausgerichtet ist.  Möglicherweise hatte Terwey auf der Sonnenflue erstmals ein eigentliches Atelier zur Verfügung, sodass er sich nun vermehrt der Malerei auf Leinwand zuwenden kann.  Bilder von der Sonnenflue aus sowie von weiteren Standorten in Twann und LIgerz aus, stützen dies. Mit seinem fundierten künstlerischen Hintergrund entwickelt seine Ölmalerei schnell ein Qualitätsniveau, das ihn zu einem wichtigen Bielersee-Maler macht. All seine Auseinandersetzungen mit van Gogh kommen nun zum Tragen, ohne freilich die vom Pointilismus übernommene Präzision im Setzen der einzelnen, kurzen Pinselstriche hintanzustellen.

Aus derselben Zeit dürfte das singuläre Bildnis seiner Frau stammen, das – fast ist man eine Szene aus einem Gemälde von Vermeer erinnert – Rosina Terwey stickend auf einer mit einem Überwurf bedeckten Couch sitzend zeigt. Ihr Kopf ragt dabei in ein grossformatiges Bild mit einem hellen Zweig, das – mit einem breiten, farblich abgestimmten Rahmen versehen, – auf einer gemusterten blauen Tapete hinter ihr hängt; kompositorisch und inhaltlich ein ausserordentliches Ölbild für diese Zeit.

Es ist erstaunlich, was für ein reiches Künstlerleben sich ab 1910 in den Dörfern Twann und Ligerz entwickelt. Der erste Künstler, der sich niederlässt, ist der aus dem Aargau zuziehende Ernst Geiger (1876–1965), ihm folgt wenig später August Jaeger (1881–1954). 1917/1918 ist der Maler Karl Walser(1877–1943) sein Nachbar in dem zu Ligerz gehörenden Ortsteil von Twann. 1923 ziehen Fernand Giauque (1895–1973) und seine Frau Elsi Giauque (1900–1989) auf die Festi in Ligerz. Ihnen folgen 1925 Fritz Furer und Jan Pieter Terwey mit Wohn- respektive Arbeitsort auf der Sonnenflue in Twann. 1934 zieht überdies Walter Clénin nach Schernelz. Zu nennen wären auch noch der seit 1917 jeweils im Sommer in Bipschal wohnende Karl Hänny (1879-1972), der Klein-Twanner Ilgen-Wirt Oskar Binz (1895–1957) und der in Ligerz tätige Maler Otto Clénin (1899–1986). Sie alle haben in verschiedenen Stilrichtungen und in unterschiedlicher Häufigkeit den Bielersee und insbesondere immer wieder die Petersinsel gemalt, keiner indes so häufig wie Jan Pieter Terwey, dem der Bielersee zuweilen zum kleinen holländischen Meer wird. Fanny Wisard zeigt in ihrem Text Unterschiede und Ähnlichkeiten unter den Malern, –insbesondere Ernst Geiger, August Jaeger und dem am gegenüberliegenden Seeufer tätigen Traugott Senn (1877–1955) auf.

Wie weit Terwey mit den anderen Künstlern in Kontakt stand, gar Freundschaft pflegte, ist – mit Ausnahme von Fritz Furer – nicht bekannt. Am ehesten ist eine Bekanntschaft mit Ernst Geiger anzunehmen, da dieser ein offener Geist war und jedes Jahr in Ligerz eine Atelier-Ausstellung organisierte, zu welcher er auch befreundete Kunstschaffende einlud. August Jaeger hingegen war als Lehrer in Solothurn anderweitig orientiert und die Festi-Künstler um Fernand und Elsi Giauque  organisierten mit Künstlerfreunden eigene Ausstellungen und Anlässe. Auch der Aspekt der Konkurrenz ist mit zu denken, denn die potentielle Käuferschaft von Bielersee-Landschaften war für alle dieselbe.

 

Zwischen Kunst und Broterwerb

1928 kommt Helmut Terwey zur Welt. Damit ist die Familie des mittlerweile 45jährigen Jan Pieter Terwey und seiner 34-jährigen Ehefrau nun fünfköpfig und komplett. Gertrud ist inzwischen 10 Jahre alt und Joachim 7-jährig, beide somit schulpflichtig. Vater Terwey  ist stolz auf seine Kinder – unzählige Male porträtiert er sie – meist in Form von Zeichnungen; «Olgi und Jochen müssen zur Schule» heisst es auf einer kleinen Skizze. Ölbilder werden mit ganz wenigen Ausnahmen keine daraus.

Zugleich wird aber auch klar, wie schwierig es für die Familie zweifellos ist, einzig aus Verkäufen von Bildern genügend Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen. Es ranken sich viele Geschichten um die soziale Situation der Familie. Terwey habe sich immer geweigert, eine andere Arbeit anzunehmen, heisst es etwa vorwurfsvoll. Das stimmt und stimmt nicht. So wie andere Künstler zum Beispiel zusätzlich als Grafiker tätig sind, läuft auch Jan Terweys Schaffen über Jahrzehnte zweigleisig. Einerseits treibt er jenes ambitiöse malerische Werk voran, das ihn zu einem der wichtigen Maler der Region macht, zum andern malt, zeichnet, druckt und koloriert er Bielersee-Motive, wie sie von der Bevölkerung geschätzt und gekauft werden in grosser Zahl und bietet sie für wenig Geld an. Das hatte bisher die fatale Folge, dass die Rezeption die unterschiedliche Funktion der Werke nicht berücksichtigt und Terweys Kunst unter dem Eindruck seiner grossen Produktion als «mittelmässig» einstuft. Es kommt hinzu, dass die Ausstellungstätigkeit Terweys in Holland in der Schweiz kaum registriert wird. 1929 zum Beispiel findet im «Kunstzaal D’Autdretsch» in den Haag eine Werkschau statt. Im Nieuwe Rotterdamsche Courant (eine Zeitung die der NZZ entspricht) ist von «der Kraft der Mystik, von zarten Gefühlen, von Farben zwischen wirklich und unwirklich, von Odilon Redon, von wundervollem Wasser und skelettartigen Bäumen die Rede», hält aber auch fest, die Ausstellung sei «nicht sehr modern.»

In der Schweiz geschieht nichts Vergleichbares. Ein Grund dafür ist sicher, dass Terwey keiner schweizerischen Künstlergemeinschaft beitritt – weder dem Schweiz. Kunstverein noch der Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten  (GSMBA). Damit kann er auch nicht an den jeweils in verschiedenen Städten gezeigten sogenannten «Turnus»-Ausstellungen teilnehmen. Recherchen in den entsprechenden Verzeichnissen waren durchwegs negativ. Dasselbe gilt für die ähnlich aufgebauten, von der Eidgenössischen Kunstkommission organisierten «Nationalen» und auf lokaler Ebene für die vom Kunstverein Biel ausgerichteten Weihnachtsausstellungen. Auch da ist Terwey nie mit von der Partie. Allerdings stehen da zu dieser Zeit auch andere abseits, da sie die Qualität der gezeigten Werke als zu niedrig empfinden. Und die übrigen Aktivitäten des Kunstvereins Biel interessierten ihn wohl eher nicht, denn noch in den 1940er-Jahren luden die Vorträge des Vereins nicht etwa zur Auseinandersetzung mit Van Gogh oder Mondrian ein, sondern mit Rembrandt (17. Nov. 1947), Raffael (25.4.1949) oder russischen Ikonen (Nov. 1948). Erst als 1952 Rudolf Schindler Präsident des Kunstvereins wird, setzt zögernd der Aufbruch ein und es gelangen auch einige wenige, aber keine Hauptwerke von Terwey in die «Collection Musée Schwab» (heute Teil der Kunstsammlung der Stadt Biel).

Terwey setzt in der Schweiz ganz primär auf Direktverkäufe. Noch im hohen Alter sei er mit einem Traggestell mit Bildern am Rücken unterwegs zu möglichen Käufern gewesen, erinnert sich der Nidauer Antiquar Erich Baur. Wesentlich stärker ist der älteren Bevölkerung in Biel und im Seeland jedoch in Erinnerung, dass Hanna Rosina Terwey bei ihnen anklopfte und fragte, ob sie nicht eine offene Rechnung mit Bildern bezahlen könne. Und mit erstaunlicher Nachhaltigkeit ist im Gespräch über Terwey immer wieder davon die Rede, dass die Terwey-Kinder als Jugendliche am Bahnhof in Biel kolorierte Drucke ihres Vaters «verkaufen mussten». Das stilisiert sich noch heute zum Teil bis zum Vorwurf der Kinderarbeit hoch. 

Doch da ist zum einen die konjunkturelle Situation der 30er- und 40er-Jahre mitzudenken und später auch der Umstand, dass keines der drei Kinder einen Beruf erlernte und selbst als Erwachsene keiner Erwerbsarbeit nachgingen. Gegenüber dem Dotziger Gemeindeschreiber Kurt Arn soll Hanna Rosina Terwey einmal geäussert haben: «Meine Kinder sind nicht dazu geboren, um zu arbeiten».Wie dieser Satz zu gewichten ist, bleibe dahin gestellt. Dass die Situation aber so war und einer der wesentliche Gründe darstellt, warum die Terweys sich finanziell nie aus eigener Kraft durchbrachten, ist eines der grossen Rätsel um die Gestalt von Jan Pieter Terwey und seiner Familie. Es gibt auch keine Anzeichen einer religiös-weltanschaulichen Abschottung. 

Die Kinder besuchten in Twann, in Evilard und zum Teil auch noch in Dotzigen die öffentlichen Schulen und waren Mitglieder bei den Pfadfindern. Warum sie nicht ausbrachen und sich verselbständigten, ist für unser heutiges Denken nicht nachvollziehbar. 24 Alle drei Kinder sind jedoch als «Agenten» im Verkauf der Werke ihres Vaters aktiv, insbesondere Gertrud Terwey. «In den Büros der General Motors in Biel habe man sich zuweilen geradezu versteckt, wenn man Gertrud Terwey schon wieder mit ihrer obligaten Mappe kommen hörte», erinnert sich eine heute über 90-jährige, einstige GM-Mitarbeiterin. 

Erst sehr spät, zum Teil erst nach dem Tod von Jan Pieter Terwey, 1965, löst sich der Familienverbund definitiv auf. Joachim Terwey bezeichnet sich danach als «Keramiker» und wohnt mit seiner Frau (eine geborene van Varik) in Ipsach. Helmut Terwey wird danach in Verzeichnissen als «Zeichner» aufgeführt; mündlicher Überlieferung folgend soll er als Kartographie-Zeichner bei Hallwag gearbeitet haben. Er wohnt noch heute in Kallnach, verweigert aber leider seit langen Jahren jeden Kommentar zu seiner Familie. Gertrud Terwey lebte teils in Bern, teils in Dotzigen. Über ihr Leben ausserhalb der Maler-Familie Terwey gibt es nur Gemunkel hinter verhaltener Hand. Fakt ist, dass sie im November 1955 – da ist sie 37 Jahre alt – einige Zeit in Mulhouse verbringt, damit ihr Kind im Ausland zur Welt kommt und auch daselbst Adoptionseltern findet. 

Es ist anzunehmen, dass der unerkannt bleiben wollende Vater Gertrud Terwey ein Schweigegeld bezahlte.Dass das alles nicht einfach war, davon erzählen wenige Briefe, die viel, viel später in den Besitz des Sohnes, Pierre Yves Petit-Terwey, wohnhaft in Cléon (Haute-Normandie), gelangten. Als der französische Staat ein Gesetz einführte, wonach adoptierte Kinder das Recht haben nach ihren leiblichen Eltern zu suchen, hatte er sich aufgemacht und schliesslich auch die nach Dotzigen führenden Spuren gefunden; seine Mutter war dann aber bereits verstorben. Sein Interesse für «Grossvater Terwey» ist jedoch bis heute lebendig. Ob Jan Pieter Terwey je von der Existenz eines Enkels wusste, ist fraglich.

 

Motivwelt See Meer

Ab der Wohnsitznahme in Twann anfangs 1926 ist die zeitliche Zuordnung von Terweys konsequent undatierten Bildern etwas leichter; zumindest was die Landschaften anbetrifft, denn, wie er schon in den Tessiner Briefen schrieb, malte er gerne draussen. Oder er machte auf Spaziergängen zumindest Skizzen mit Licht- und Farb-Angaben die er dann im Atelier in Kreide/Aquarell-Arbeiten oder Ölstudien umsetzte. Für den holländischen Künstler Fredie Beckmans, der aktuell im Atelier Robert in Biel weilt und der die entsprechenden Stellen ins Deutsche übersetzte, klingen die Notizen «wie Poesie»: «Am rande blau, unten bis weiss, wolkenweiss, gegenlicht mit grauem licht von rechts. Hintergrund blau und schmutzigblau, im schatten überdeckt von sonnengrünem gras + ganz viel helles gras. Der weg grau-violett hell. Schatten der bäume dunkel violett mit blauem strich, auto-hell weiss, im schatten blau-weiss. Baumstämme 1. schwarz 2. braun, dunkelst beide, violet braunes grün, schatten dunkel unterbrochen von luft hell weiss […].

Ausgehend von den Wohnorten, kann man nun die Blicke von Sutz, von Twann, Tüscherz, Ligerz oder von der Petersinsel aus – auch die Petersinselmotive selbst – eher den Jahren vor und nach 1930 zuweisen, jene vom Ufer der Bieler respektive der Nidauer Bucht her in die 40er- und 50er-Jahre einordnen. Dasselbe gilt für die selteneren Motive rund um die Alte Aare oder die Getreidefelder im Seeland. Wobei er die «touristischen» Bilder und kolorierten Drucke, die er ganz gezielt für die Bevölkerung von Biel und rund um den See herstellte, vermutlich auch zeitunabhängig aufgrund von bestehenden Werken neu malte, sei es auf Leinwand, Papier oder Malkarton. Bei der Lokalisierung der Standorte und Blickwinkel, die zuweilen ein gehörig Mass an Vorstellungskraft erfordern, gilt es nie zu vergessen, dass Terwey zwar nach der ersten Juragewässer-Korrektion, welche das Ufer entscheidend veränderte, tätig war, aber vor der die Seelandschaft noch einmal verändernden zweiten Anpassung in den 1960er-Jahren.

Parallel dazu gibt es selbstverständlich stilistische Beurteilungskriterien und die zeigen sehr schnell, dass obige Zuordnungen mit Vorsicht anzuwenden sind, da es zahlreiche Ausnahmen gibt. Insbesondere was die Petersinsel anbetrifft, wohin der Maler immer wieder reiste, die er auf Distanz ebenso liebte wie das Verweilen vor Ort, in kleinen Buchten und Nischen. Die Einsamkeit dort, das Umgebensein von Wasser machte ihn – man meint es zuweilen aus den Bildern heraus zu spüren – so etwas wie glücklich.

Grundsätzlich kann man sagen, dass die stilistische Entwicklung eine sich kontinuierlich vom Materiellen lösende ist. Das heisst im Fall von Terwey nicht Abstraktion – man erinnere sich, was er dazu schrieb: «es gilt in der miserablen Realität etwas zu finden, wodurch die Erscheinung dieser Realität einen Mehrwert erhält.» Darum ging es ihm, zeitlebens. Die Lösung vom Materiellen erfolgt über das Licht, das Schwere aufhebt, das Landschaften zur Erscheinung ihrer selbst macht. Es kann aber auch Farbe sein, die sich wandelt und die der Künstler zuweilen recht autonom einsetzt – ein Blau oder Bläulich, das eigentlich ein Grün ist, ein Gelb, das nur eine Reflektion ist, ein Rot, das der Intensivierung dient. Dabei nähert er sich aber nur ansatzweise der in den 1910er- und 20er-Jahren wichtigen «Rot-Blau»-Bewegung; viel eher ist da, zum Beispiel in Stillleben, Van Goghs Umgang mit Farbe anzumerken. Im Laufe der Zeit werden indes nicht nur die Farben tendenziell heller und leichter, auch der Duktus wandelt sich; von einem zurückhaltenden Expressionismus zu einem sphärischeren und in persönlicher Entwicklung formulierten Impressionismus.

Man kann es auch anders formulieren: Die Farbe und der Duktus sind in den frühen Leinwandbildern materieller, oft auch dunkler, auf Präsenz als Abbild fokussiert, während sie später wesentlich freier auf die Erscheinungen der Welt ausgerichtet sind.

Jan Pieter Terwey hatte nach heutigem Wissensstand wenig Kontakt mit anderen Künstlern aus der Region. Selbst jene, welche die 1950er-Jahre schon aktiv erlebt haben, erinnern sich nicht oder nur sehr vage an seinen Namen. Einmal jedoch, da ist auch er Feuer und Flamme, wie fast alle damals in Biel Tätigen: Als Josephine Baker 1945 im Volkshaus auftritt, da ist auch Terwey mit Papier und Kohlestift vor Ort! Schön wie er bräunliches Papier nimmt, um ihre Hautfarbe zu integrieren und den Hintergrund weiss hält.

 

Rezeption

Durch den persönlichen Vertrieb der Bilder, ist der Rayon von Terweys Bekanntheitsgrad in der Schweiz limitiert; wenige Ausstellungen haben seinen Namen hinausgetragen. 1932 zum Beispiel zeigte die Galerie Benador in Genf Werke von Terwey, aber sonst? Der Kontakt zu Holland hingegen erneuert sich nach dem Zweiten Weltkrieg. 1949 findet eine Ausstellung in der Galerie von Bij Hopman statt. Eine kurze Kritik in der Alkmaarschen Zeitung vom 12. April birgt Interessantes, denn der Kritiker «v.d.W.» kann sich nicht anfreunden mit den neuen abstrakten Arbeiten von Jan Terwey und findet die Qualität weiche ab von dem, was der Künstler als jung versprochen habe. Das hängt wohl eher mit dem Kritiker selbst zusammen, der auch 1949 in seinem Denken noch nicht in der Moderne angelangt ist. 

Für uns rückt die datierte Notiz den Anfang der abstrakten Experimente Terweys im Vergleich zum bisherigen Wissensstand um einige Jahre zurück, was für den Schweizer Kontext wichtig ist, denn die eigentliche Abstraktionswelle findet in der Schweiz – abgesehen von den Zürcher Konkreten – erst in den 1950er-Jahren statt. Das heisst, Terwey hat hier in den späten 1940er-Jahren eine persönliche Entwicklung durchlaufen und sich trotz fehlender Anregung eines Kunstzentrums eine neue künstlerische Sprache angeeignet. Die abstrakten Arbeiten (oft Öl auf Malkarton) verleugnen Mondrian nicht, nehmen aber auch die fensterartigen, flachen Arbeiten mit religiösen Darstellungen aus den 1910er-Jahren auf und integrieren überdies Momente der japanischen Aquarellkunst, die ein holländischer Kritiker schon 1929 als Interessensfeld erwähnte. Leider zögert Terwey diese Arbeiten in Ölgemälden zu Hauptwerken zu machen, aber auch in der erhaltenen Form sind sie ohne Zweifel ein interessantes und eigenständiges Kapitel im Oeuvre des Künstlers.

Da die Jahreszahl 1949 auch auf einer kleinen Skizze einer offensichtlich holländischen Dünenlandschaft auftaucht, kann angenommen werden, dass Terwey 1949 für seine Ausstellung und einen unbekannt langen Aufenthalt in Holland weilte. Dabei malte er sicher auch und sammelte «Material» für künftige Bilder. Womit sich deutlich als «holländisch» erkennbare Motive – insbesondere Arbeiten auf Papier und Malkarton – einordnen lassen.

In den 1950er-Jahren hellt sich in der Schweiz die Konjunktur auf und damit auch die Bereitschaft der Bevölkerung zum Kunstkauf. Es ist in dieser Zeit, dass der Freisinnige Aarberger Nationalrat Hans Müller (1893–1971) die Malerei Terweys entdeckt, Werke erwirbt und ihm auch den einzigen Auftrag erteilt, den der Maler je in seinem Leben erhielt. Müller bestellte zwei Ansichten von Aarberg respektive dem Hotel und Gasthof «Zur Krone», das ihm nebst seiner Bauunternehmung gehörte. Müller war «der grosse Mann im Seeland» damals, erinnert sich der Lokalhistoriker Max Gribi. Müller sei ein grosszügiger Mensch gewesen, darum habe er sicher die soziale Situation des Künstlers erkannt und nicht zuletzt darum Bilder gekauft und wohl auch seine Rotarierfreunde dazu animiert. Er habe auch eine Sammlung von Stichen gehabt. Heute ist sein einstiges Kunstgut in alle Winde verstreut, das von der Holzbrücke her gemalte und damit den historischen Stadtcharakter gut einfangende «Kronen»-Bild und die Ansicht zwischen «Krone» und Brücke hängen hingegen immer noch vor Ort und sind im Besitz der aktuellen Kronen-Besitzer. Die beiden Bilder muten im Oeuvre-Kontext eigenartig an, da sie in ihrer – im Vergleich zu zeitgleichen Bildern – bildnerischen und farblichen Materialität eher an die 1930er-Jahre erinnern und auch den Auftrag des Illustrativen in sich tragen. Sie sind aber als einzige Zeugnisse Terweys im (halb)-öffentlichen Raum von Bedeutung.

In den späten 1950er-Jahren fand vermutlich eine Ausstellung in Biel statt. Franziska Burgermeister meint sich an eine solche in der Salle Socrate zu erinnern. 1960 gibt es überdies in den Schaufenstern der Pharmacie Meyer an der Mühlebrücke eine Werkschau. Ansonsten lebt Jan Pieter Terwey sehr zurückgezogen in seiner eigenen künstlerischen Welt. In Dotzigen gibt es noch Erinnerungen an den schlanken, hageren, weisshaarigen Mann, der im Dorfgebiet seine Spaziergänge machte, aber Gespräche führte niemand mit ihm. Am 18. März 1965 stirbt Jan Terwey im 82ten Altersjahr. Die Todesanzeige im Bieler Tagblatt ist von seiner Frau, seinen Kindern sowie der Familie seiner Schwester in Hilversum/Holland unterzeichnet. «Die Kremation fand in aller Stille am 22. März in Biel statt.» Der kleine Satz bestätigt indirekt, dass Terwey als Mennonit keiner Landeskirche angehörte.

Der Nachruf im Bieler Tagblatt (unter den Regionalnachrichten abgehandelt, nicht etwa auf der Kulturseite) beschönigt das Leben des Künstlers, wie die meisten Texte dieser Art. Er scheint auch nicht von einem Ortsansässigen geschrieben zu sein, denn die Beschreibung der Motivwelt des Malers nennt primär die Berge im Bündnerland, im Wallis und im Berner Oberland anstelle des Bielersees. Bilder aus diesen Regionen gibt es, auch die Erinnerung einer Seeländer Künstlerin an eine posthume Ausstellung in Spiez, doch die Gewichtung ist falsch. Interessant ist der Hinweis, dass Terwey Cello und Orgel gespielt habe – ausser einem Pastell eines Cellisten ist hierzu nichts mehr bekannt. Auch das grosse Meienried-Bild, das Terwey 1961 der seiner Wohngemeinde geschenkt haben soll, ist nicht mehr in deren Besitz.

 

Nachlass

Die Gemeinde Dotzigen verzichtet nach dem Tod von Terwey auf eine Schuld-Eintreibung. «Wir wussten ja, dass nichts da ist», erinnert sich Alt-Gemeindeschreiber Kurt Arn. Dass die Bilder von Wert sein könnten, war niemandem bewusst. Die Terweys waren eh nicht beliebt im Dorf, da die Gemeinde (die Steuerzahler) – zum Teil im Verbund mit dem holländischen Konsulat – immer wieder Kosten für das in steter finanzieller Bedrängnis lebende Ehepaar und ihre Kinder zu tragen hatte.

Ein Teil des künstlerischen Nachlasses wurde wohl von Rosina und Gertrud Terwey in den folgenden Jahren weiterhin verkauft, anderes blieb. Die verwitwete Rosina Terwey lebte nach dem Tod ihres Gatten in einem Mehrfamilienhaus in Dotzigen. Die Erinnerungen an sie sind sehr verschieden. Die mündlichen Charakterisierungen gehen von «böse» und «verbittert» bis zu «heiter» und «von guter Ausstrahlung».

16 Jahre nach Jan Pieter stirbt auch Rosina Terwey, 87-jährig. Ihr Mann ist inzwischen als Künstler gänzlich vergessen. Die Wohnung muss so bald als möglich geräumt werden, um nicht weitere Kosten zu generieren. Die Kinder mögen sich nicht damit befassen und verzichten trotz Anfrage seitens der Gemeinde auf die Übernahme des väterlichen Nachlasses. So gelangt dieser in den Besitz der Gemeinde. Allerdings vermag der Beauftragte, der Rosina Terwey schon in letzten Lebensjahren betreute, die Qualität der Kunst von Jan Pieter Terwey nicht zu erkennen, vom Material für die Forschung gar nicht zu reden. 

So werden sämtliche Dokumente, Briefe etc. liquidiert, nur die Bilder (inkl. Skizzen etc.) bleiben und werden in einen für die Aufbewahrung von Kunst völlig ungeeigneten «Schopf» verfrachtet. 1982 werden sie anlässlich des Flohmarktes zum 800-Jahr-Jubiläum des Dorfes zu Spotpreisen zum Verkauf angeboten. Als eine engagierte Dotzigerin dies sieht, schlägt sie Alarm, ruft den Gemeindepräsidenten an und sagt: «So nicht». Dieser stellt sich auf ihre Seite, der Nachlass wird aus dem Angebot genommen und wird fortan in einem trockenen Raum im Sous Sol des Gemeindehauses aufbewahrt. 

1993 endlich veranstaltet die Kulturkommission im Bangerterhaus eine 10-tägige Ausstellung mit Werken aus dem Nachlass sowie aus Privatbesitz. Joachim Terwey liest an der Vernissage aus einem Text seines Vaters. Der Bieler Kunsthausleiter Andreas Meier hält die Ansprache. Im Vorfeld hält er indes klipp und klar fest: «Diese Ausstellung wird Jan Pieter Terwey nicht gerecht.» Sie ist dennoch ein Erfolg. Das ursprüngliche Konzept wurde freilich nicht realisiert. Danach hätte die Gemeinde «die besten Bilder» an Zahlung genommen, damit die Steuerschuld Terweys ausgeglichen und daraufhin die Bilder der Bevölkerung ausgeliehen. Stattdessen verkaufte die Gemeinde nach der Ausstellung den verbliebenen Nachlass dem Bieler Kunsthändler Martin Jegge. Dieser wiederum verkaufte alle Arbeiten auf Papier en bloc an Dr. Jean-Pierre Nemeth aus Worben – auch er einer, der mit einem «Terwey» aufgewachsen ist. 

Durch wesentliche Zukäufe auf Auktionen und bei Privaten besitzt er heute die grösste und bedeutendste Terwey-Sammlung. Er ist indes nicht der einzige Terwey-Sammler. Erstaunlicherweise gibt es eine ganze Reihe davon, zwei gehören ins Umfeld der «Kunst von Mennoniten». Da der Schweizerische Verein für Täufergeschichte ein wichtiges Standbein in der Region hat, sind auch diese Terwey-Sammlungen in Biel respektive Erlach; ein Glücksfall. Entsprechend der Nachfrage sind Bilder von Jan Pieter Terwey regelmässig im Angebot von Auktionshäusern – vom Traditionshaus «Dobiaschofsky» bis zu «ricardo.ch», aber auch bei Christie’s und Sotheby’s in Amsterdam.

 

Zu Terweys künstlerischen Anfängen und seinem Leben in Holland siehe den Text von Fanny Wisard in diesem Katalog.

Alle hier erwähnten Briefzitate entstammen einem Konvolut von Dokumenten, das sich im Kröller-Müller-Museum in Oterloo befindet.

Hanna Rosina Rauber ist die Tochter des Uhrenmachers Friedrich Hermann Rauber von Windisch (AG), geboren am 17. Februar 1868 in Biel, und Rauber-Gfeller Rosina von Vechigen (BE), geboren am 29. Januar 1864. – Hans Hermann Rauber wird am 2. Oktober 1905 in Arosa geboren.

Es ist belegt, dass sich Jan Pieter Terwey mit 19 Jahren taufen liess, wie Unterlagen im Privatarchiv des Mennonitenforschers Daniel Studer beweisen.

«Jan Terwey, b.11 October 1883 at Amsterdam, who in 1903 was the first Mennonite after many decades to refuse to serve in the army, military service having become compulsory in the Netherlands in 1898. This refusal, then a novelty among the Dutch Mennonites, caused some sensation in the brotherhood. Terwey, who was a painter and etcher, and beautifully illustrated a book children by Cor Bruyn, shortly after 1920 immigrated to Switzerland.» – In: Global Anabaptist Mennonite Encyclopediahttp://gameo.org/index.php?title=Terwey,_Jan_%281883-1965%29 [Abfrage: 06.2013].

 Die Aberkennung der Schweizerischen Nationalität galt damals für alle Frauen, die einen Ausländer heirateten. Erst 1953 wurde das diskriminierende Gesetz aufgehoben und die ehemaligen Schweizerinnen erhielten auf Antrag ihre Schweizerische Nationalität zurück. Dies war auch im Fall von Rosina Rauber so.

Aussagen von Alt-Gemeindeschreiber Kurt Arn in Dotzigen.

Eine Nachfrage beim Hesse-Museum in Montagnola ergab keinen Hinweis auf eine direkte Begegnung zwischen Terwey und Hesse. Von Georg Reinhart gibt es eine ähnliche Illustration, allerdings erst von 1929, die als Abbildung Eingang in den Briefwechsel zwischen Hesse und seinem Psychoanalytiker Josef Bernhard Lang Eingang fand.

Dazwischen findet ein entscheidendes Ereignis statt. Am 13. November 1918 kommt die Tochter Gertrud in Lugano zur Welt. Indirekt ist spürbar, dass damit die Vorbereitungen für die Umsiedlung in die Region Biel beginnt. Irgendwann zwischen 1918 und 1921 kehren wohl auch die Eltern von Rosina Terwey zurück nach Biel; von amtlicher Seite ist bestätigt, dass der 1905 geborene Bruder von Rosina Terwey 1925 in Biel verstarb.

Da ist erstaunlicherweise das Technikum in Biel lokalisiert und war das auch schon 1921. Eine Erklärung dafür wurde bisher nicht gefunden.

Es ist durchaus möglich, dass er sich da ganz einfach noch nicht offiziell abgemeldet hat. Eine Anfrage an die Gemeinde brachte leider keine Antwort.

Da im Eintrag kein Vermerk eingetragen ist, woher die Familie zuzog, ist es möglich, dass sie schon einige Zeit da lebte, aber den Aufenthalt erst 1925 legitimierte.

Heute gehört das Haus dem Solothurner Künstler Ulrich Studer und seiner Frau Alexandra Melar, die es in den Jahren 2010/2012 renoviert haben und teilweise da leben und arbeiten.

Rosina Terwey war eine begabte Kunsthandwerkerin, bis ins hohe Alter schuf sie textile Arbeiten und verkaufte diese auch zeitweise. Auf einer Visitenkarte, mit der die Terweys auf ihr «Schaufenster» an der Bahnhofstrasse 20 in Dotzigen hinweisen, sind «Gemälde, Einrahmungen und Kunsthandwerk» aufgeführt; letzteres bezieht sich ohne Zweifel auf Arbeiten von Rosina Terwey. Wie diese genau aussahen, ist nicht bekannt, doch gibt es eine sehr schöne, illustrative Zeichnung von Jan Terwey, welche einen Nähkorb mit geklöppelten Spitzen zeigt; möglicherweise ein Hinweis auf die Art der Handarbeiten seiner Frau.

Ernst Geiger wohnt anfänglich auf dem Kapf in Twann, zieht dann aber nach Ligerz – ein Teil seines einstigen Wohnhauses ist heute das lokale Rebbau-Museum.

August Jaeger wohnt nach seiner Heirat mit Martha Engel ab dem Jahr 1914 in Klein-Twann.

2001 veranstaltete das Museum Neuhaus in Biel eine Ausstellung, welche die Nachbarschaft und temporäre Künstlerfreundschaft zwischen Karl Walser und Auguste Jaeger dokumentierte. Siehe dazu Annelise Zwez, «Klein-Twann Connection», in: Bieler Tagblatt, 27.12.2001.

«Kunstzaal d’Audretsch», in: Nieuwe Rotterdamsche Courant, 15.01.1929.

Lotti Allanson-Röthlisberger (geb. 1923) ist selbst mit einem «Terwey» zuhause aufgewachsen. Den Blick hinunter nach Ligerz und hinaus zur Petersinsel hatte ihr Vater, der Versicherungsvertreter Albert Röthlisberger (1893-1973) wohl in den 1930er-Jahren gekauft; zumindest lässt die Malweise diesen Schluss zu. Heute hängt das Bild bei ihr im Altersheim Büttenberg. «Ich mag es noch immer», sagt sie. Sie ist kein Einzelfall – im Laufe der Recherchen zu Terwey tauchten immer wieder ähnliche generationenübergreifende Erzählungen auf.

Die Landschafts-Notizen sind stets auf Holländisch notiert, Vermerke auf den Porträtzeichnungen der Kinder jedoch deutsch.

Max Gribi erinnert sich, dann und wann mit Jan Terwey Zug gefahren zu sein und mit ihm stets auch einige Worte gewechselt zu haben. Auf die Frage, in welcher Sprache er sich denn unterhalten habe, meinte er: «Bärndütsch natürlech», womit endlich ein authentisches Zeugnis vorliegt, dass Terwey schweizerdeutsch sprach. Auch die wenigen erhaltenen, inhaltlich unbedeutenden Brieflein aus der Dotziger Zeit sind in fehlerfreiem Deutsch geschrieben.

Es sei hier angemerkt, dass in den Medien stets die hochpreisigen Auktions-Ergebnisse veröffentlicht werden, dass sich aber eine viel grössere Zahl von Sammlern – zum Teil eigentliche «JägerInnen» – in einem viel tieferen Preis-Segment bewegen und hier nach ausserordentlichen Qualität-Preis-Verhältnissen suchen und solche in den besten Werken von Jan Pieter Terwey auch finden. Repräsentative «Terweys» werden heute zu bescheidenen Preisen von 300 bis 400 Euro gehandelt. Dabei fällt auf, dass die Preise im Vergleich zu den 1990er-Jahren eher noch gesunken sind. Eine kleine, sehr frühe Hafenlandschaft auf Karton wechselte dieses Frühjahr bei Ricardo.ch gar für 50 Franken den Besitzer!