Franziska Zumbach im Kunsthaus Zug 1999
Faszination Farbe und Zahl
www.annelisezwez.ch Annelise Zwez in Kunstbulletin April 1999
Es gehört zum Konzept des Zuger Kunsthauses, durch Herkunft mit der Region verbundene Kunstschaffende repräsentativ zu zeigen. Erinnert sei an Ausstellungen von Hannah Villiger, Josef Herzog, Rut Himmelsbach und Anna Maria Annen. Auch die Ausstellung „Polychrom monoton“ der 1959 in Zug geborenen Franziska Zumbach, die in der Nähe von Winterthur lebt, gehört in diesen Kontext. Zu sehen sind Werke der letzten 10 Jahre.
Franziska Zumbachs Werk gründet auf zwei Grundpfeilern: Der Farbe und der Zahl. Die Erforschung von Interaktionen lassen die Künstlerin, verbunden mit den Wahrnehmungsstrukturen unserer Augen, zu immer neuen Resultaten vordringen. Das Spannende: Die wissenschaftliche und geistesgeschichtliche Bewusstheit der gewählten Parameter führen die Bilder, in Kombination mit intuitiven Entscheiden, über ihre visuelle Erscheinung hinaus.
Die Ausstellung in Zug setzt ein mit einer Forschungsstation. In einem geometrischen Raster aus transparenten Schalen breitet die Künstlerin Sandkörner aus aller Welt aus. Ihre Aufmerksamkeit gilt dabei mehr der Farbfülle innerhalb minimaler Abweichungen als der mineralischen Vielfalt. Im Gegensatz zu einem Herman de Vries hat diese Arbeit für Franziska Zumbach nicht Kunstwerk-Charakter. Sie dokumentiert vielmehr eine Quelle ihres Schaffens und vernetzt ihre Bildwerke mit der Natur. Gleichzeitig weist sie auf die Distanz zur konkreten Kunst.
Aehnlich sind auch die in die Ausstellung eingestreuten Werke anderer Kunstschaffender zu verstehen, von Stefan Gritsch zum Beispiel, von Sophie Täuber, von Josef Albers, von Thomas Ruff. Am Ueberraschendsten ist die Platzierung einer Ikone zu Beginn der Ausstellung, parallel zum Sandkasten. Am liebsten hätte Franziska Zumbach hier ein Werk von Fra Angelico oder einem anderen Quattrocento-Künstler gesehen, so wie sie in ihrer reichen Postkarten-Sammlung zum Thema „Madonna mit Kind“ enthalten sind. Die Farbensymbolik, die Proportionen und Traditionen der spätmittelalterlichen Malerei ist für Franziska Zumbach ebenso ein Thema wie die Natur respektive ihre Mathematik.
Werke wie „Platonische Körper“ (1990), die Regel und Zufall als Interaktio¬nen von Farbe und Zahl zeigen, oder „Gertrude (26)2“ (1991), welche sich im Feld der in den DNS-Reihen, dem Schachbrett und dem Y-Ging zeigenden Zahl 64 abspielen, weisen auf diese Komplexität. Niemals geht es der Künstlerin indes um die Illustration von Konzepten. Wohl schreibt sie diese so exakt auf wie sie ihre oft aus Tausenden von kleinen Feldern bestehenden Werke malt. Doch die Zielsetzung (und die Faszination) ist immer die Bildstruktur und Bildwirkung wie sie sich aus den in Zeichnungen entwickelten Parametern ergibt; bedeutungslos und bedeutungsvoll in einem.
Dieses autopoïetische Moment rückt das Werk von Franziska Zumbach in ein Umfeld, das inhaltlich näher bei Emma Kunz, Karl Gerstner und Max Matter anzusiedeln ist als bei der konstruktiven Geometrie. Anders und ähnlich als bei Letzterem entwickelt sich aus der langjährigen Forschung eine innere Sicherheit, die es heute erlaubt, experimenteller vorzugehen als früher, ohne die Grundfesten zu verändern.
So integriert die Künstlerin in die 1995 bis 1997 geschaffene, 40teilige C.N.K.-Reihe (Cinquasirot, Neapelgelb zitron, Königsblau) malerische Momente wie nie zuvor. Und in den „Winterrosen“ (1997/98) verlässt sie sich darauf, dass das weit gespannte Konzept von Neapelgeld im Spiel mit 36 Rot-Blau-Grau-Tönen in den rund 30’000 Feldern „automatisch“ jenes Geld-Gold-Vibrieren ergibt, das anders und ähnlich auch den blau-rot-goldenen Madonnenbildern ihre Strahlkraft gibt; die Unterschiede zwischen gegenständlicher und ungegenständlicher Erscheinung werden aufgehoben.
11. April bis 30.Mai