Anya Gallacio im Projektraum der Kunsthalle Bern

Bis 12.3.2000

Einen wahren Augenschmaus hat die englische Künstlerin Anya Gallacio (geb. 1963) zum Abschied von Roman Kurzmeyer als Kurator des Projektraumes der Kunsthalle Bern eingerichtet. Kurzmeyers auf zwei Jahre befristete Stelle geht damit zu Ende; ein im März erscheinendes Buch wird seine Tätigkeit dokumentieren. Eine junge, französische Ausstellungsmacherin wird fortan den experimentellen Projektraum im Soussol bespielen.

Vorerst jedoch hängen an Sisal-Schnüren – in rhythmischen Intervallen – nicht weniger als 2500 rotbackig-glänzende Äpfel. Fast ein Erntedankfest. Nun darf man allerdings die junge Britin nicht mit Karin Kneffels Idyllen (Zeichen&Wunder, Kunsthaus Zürich, 1995) vergleichen. Hingegen ist die Assoziation, die Äpfel sogleich mit Cuno Amiets berühmter „Apfelernte“ (Kunstmuseum Bern) in Verbindung zu bringen, nicht falsch. Der Ansatz der Engländerin ist ein zugleich ausgesprochen sinnlicher wie ein kontextueller. Das heisst, ihre formal und materialmässig sehr verschiedenen Installationen befragen immer die Kunstgeschichte. Man bedenke kurz, wie viele Äpfel im Laufe der Jahrhunderte auf Stilleben verewigt wurden und welche Bedeutung der Apfel zum Beispiel im für das 20. Jahrhundert wegweisenden Werk von Paul Cézanne spielt. Da ist ein Erntedankfest so falsch nicht.

In früheren Installationen hat sich die Künstlerin, die 1988 in Damien Hirst legendärer Ausstellung „Freeze“ in den Londoner Docks mit dabei war und mit dem Enfant terrible der englischen Szene am Goldsmith’s College studierte, mit Richard Serra oder mit Veronese auseinandergesetzt. „Do paintings dream of the Vernoses green?“ hiess etwa eine Ausstellung in New York im vergangenen Jahr. Anya Gallacios Apfel-Vorhang in Bern verweist zum einen auf den Apfel in der Kunstgeschichte, ist aber ebensosehr Bild in sich selbst. Die Rhythmen in der Vertikalen wie der Horizontalen bestimmen den Bildcharakter, verweisen aber – in einem übertragenen Sinn – zugleich auf die Rhythmen der Natur und den Kult, den die Menschen zu allen Zeiten, mit Lebensmitteln betrieben haben – vom Opferlamm bis zum Zibele-Märit..