Stillleben Ornamente Alfred Wirz Gal Silvia Steiner 2003

Mit Farben den Raum zum Schweben bringen

annelisezwez.ch    Erschienen in Bieler Tagblatt 31. Mai 2003

Alfred Wirz lebt im Burgund. Wo sich Fuchs und Has gute Nacht sagen. Auch seine Bilder wirken der Hektik der Stadt entrückt. Zu sehen in der Silvia Steiner in Biel.

Gleich zwei Schweizer Künstler, die sich vor Jahren ins Burgund zurückzogen, figurieren im Galerieprogramm von Silvia Steiner. Und sowohl Marc Antoine Fehrs wie Alfred Wirz‘ Bildern ist etwas Entrücktes eigen. Man sieht zwar, was da ist – Landschaft, Früchte, Pflanzen – doch hat das im Abseits städtischer Hektik Gemalte hier wie dort eine sonderbar schwebende Dimension. Im Gegensatz zu Fehr evozieren Wirz‘ Stillleben, Ornamente und Landschaften keine Geschichten; sie bleiben Bild und stehlen sich nur ganz leise aus Raum und Zeit.

„Was ich suche“, sagt der Künstler, „sind Farb-Räume; die Gegenständlichkeit ist eigentlich unwichtig. Doch ich brauche sie als Struktur im Raum“. Die Orangen, Grapefruits und Zitronen verweisen somit nicht auf sich selbst, sondern dienen dem Maler dazu, abzustossen vom Materiellen, um das Licht im Raum – in Form von Farbe – sichtbar zu machen. Die Bilder zeigen dabei unterschiedliche Grade von Entfernung auf.

Ein grosses Querformat zum Beispiel zeigt fast greifbar Orangen und Grapefruits, die in Reih und Glied auf einer grauen Latte liegen. Doch auf was ruht die Latte? Wo ist das Hinten und wo das Vorne? Man weiss es nicht zu sagen, der Grat zwischen Präsenz und Entzug ist zu schmal. Und so bleibt das Schwebende, das, was den Künstler, wenn er es erreicht „glücklich macht“. Allerdings, so sagt er, könne es manchmal lange gehen, bis er dahin komme. Bis der Gestus des Pinsels – kurz geschwungen, tupfenartig rhythmisiert oder gar pointilistisch aufgefächert – zusammen mit den Farben den Raum und die Gegenstände aufhebe. Die in eisig-kalte Farben zwischen weiss, gräulich und grünlich gelegten Zitronen sind ein eindrückliches Beispiel hiezu.

Eigentlich unwichtig, und doch Teil der „condition artistique“, ist der Umstand, dass besagte Zitronen – 13 an der Zahl und in mehreren Bildern präsent – der letztjährigen Ernte des Zitronenbaumes im Hof des Künstler-Hauses im Montmélard entsprechen. Wenn das Malen nicht vorankommen wolle, sagt Wirz, gehe er in den Garten.

Wer nicht nur die laute, sondern auch die leise Schweizer Maler-Szene kennt, dem ist Alfred Wirz (52) seit den 80er Jahren, seit seiner Rückkehr von der Akademie der bildenden Künste in Wien, ein Begriff. Eindrücklich ist die bedächtige, kontinuierliche Wandlung seines Werkes. Die Bieler Ausstellung erinnert in Beispielen an die früheren „Waldstücke“, zeigt zentral Stillleben und verweist mit jüngsten Beispielen auf eine Entwicklung hin zum Ornament. Baumbestände in der hügeligen Landschaft des Burgundes werden zu rhythmisierten Formen und Pinselgesten. Orangen werden im Doppel- und im Viererpack zum (Tapeten)-muster, wobei allerdings die durch feine Schatten akzentuierten, kräftig farbigen Früchte sich nicht in die Fläche drücken lassen. So entsteht erneut dieses irritierende und faszinierende Schweben im Raum, das Wirz‘ Malerei mehr denn je als Qualität auszeichnet.