Hereinspaziert ins Theater der Illusionen

Rolf Winnewisser im Hans-Trudel-Haus in Baden. Bis 11.07.2004

Bild und Sprache finden in Rolf Winnewissers Kunstwelt zum Theater der Illusionen. Ein „Zellulärer Automat“ und ein „Strand ohne Meer“ gaukeln vor, dass ist, was nicht ist oder anders ist; im Hans-Trudel-Haus in Baden.

Rolf Winnewisser ist dieser Tage 55 Jahre alt geworden. 35 Jahre davon malt und zeichnet und schreibt und „bastelt“ er Kunst. Begonnen hat er gleich mit der Dokumenta in Kassel; 1972. Dass man ihn heute noch darauf anspricht und damit lautlos fragt, warum er nicht zum internationalen Zirkus gehöre, vergisst, dass die 70er-Jahre unter anderem den Einzelgängern galten. Und obwohl der Luzerner, der jetzt ein Aargauer ist, zu den wichtigen Figuren der Schweizer Kunstszene seiner Generation zählt, ist er immer noch einer, der seine Kunstwelt selbst erschafft. Nicht zuletzt darum ist er – wie viele andere – in den lifestyligen 1990er-Jahren etwas in Vergessenheit geraten. Es gibt aus dieser Zeit auch ein Kapitel, das er „Null-Malerei“ nennt.

In der aktuellen Ausstellung im Hans-Trudel-Haus stehen die „Null“-Tafeln jetzt als „Scheinsäule“ real im Raum. Und in derselben Spannung zwischen Illusion und Realität entfaltet sich darum herum Winnewissers Kosmos; in überraschend abwechslungsreicher und erneuerter Bild- und Objektsprache. Im Vergleich zu den verschachtelten und in philosophischen Kommentaren zuweilen vielleicht zu sehr intellektualisierten Bildern früherer Jahre, wirken die neuen Arbeiten offener. An die Stelle Brüche markierender Überlagerungen von Zeichen-Ebenen ist zum einen das Serielle – in Form eines „Bild-Romans“ aus Hinterglasbildern – getreten, zum andern Bühnenmässiges in eigentlichen „Guck-Kästen“ aus Sperrholz.

Noch immer ist „Euklids Selbstmord“, wie auf einem Bild zu lesen, dominant. Die Welt ist nicht Punkt und Linie, sondern ein Konstrukt aus Widersprüchen. Drei Hinterglasbilder – gemalt nach Vorlagen aus dem Fundus des Künstlers an 50er-Jahr-Film- und -Comic-Schnipseln – zeigt es trivial und köstlich. Zwei Glas-Drehtüren links und rechts, dazwischen eine Konstruktionszeichnung. In die eine dreht sich ein Mann im 50er-Jahr-Look ein, kein Problem; doch sein Kollege wählt die andere Richtung und spickt zurück auf die Strasse, was nicht an der Konstruktion liegt.

Fast ist es, als käme ein surrealer Touch ins Werk Winnewissers, zumindest in den Guckkästen im Parterre. Da begegnen sich in ummaltem Raum Objekte der Begierde, des Glücks, aber auch ihre Schatten. „Land in Sicht“ heisst es auf einem Glas im oberen Stock, doch unten ist das Schiff abgetakelt, die Mole ist fern und die Perlen sind Fake. Gemütlich ist’s, die Sonne, die aussieht wie ein Sputnik, scheint über die Szene, wären da nur nicht die Steine im Weg und das Glücksspiel eine Summe von Zufällen. Unverhofft spürt man, dass die Bühnen auch Spiegel sind, näher beim Künstler selbst als es Werke früher je waren. Eindrücklich und sogar humorvoll.