Urs u Maia Aeschbach Gal Staffelbach Aarau 2005

Von fiktiven Materialien und künstlichen Räumen

  

www.annelisezwez.ch              Erschienen in der Mittelland-Zeitung im Oktober 2005

Eine der seltensten Konstellationen sind gemeinsame Ausstellungen von

Müttern und ihren Söhnen. Jetzt zeigen bei Elisabeth Staffelbach in Aarau

Maia Aeschbach (77) und ihr Sohn Urs Aeschbach (49) neue Werke.

 

Alljährlich zeigt Elisabeth Staffelbach in ihrer Galerie eine Ausstellung

mit zwei Künstlern, die in enger Beziehung zueinander stehen. Erinnert sei

an Hans und Marion Schärer, an Luigi Archetti und Federica Gärtner. Diesmal

ist es nicht ein Paar, sondern Mutter und Sohn, eine Konstellation, die es

bisher kaum je gab. Im Stadthaus Olten stellten vor Jahren Marc Antoine Fehr

und seine Mutter Hélène Clément und deren Vater aus. Ansonsten? Väter und

Töchter, ja, aber keine Mütter und Söhne. Ein Grund dafür: Künstlerinnen der

Generation von Maia Aeschbach sind nicht allzu zahlreich und viele der

Aufbruch-Generation (tätig ab ca. 1970) verzichteten aus rollenspezifischen

Gründen auf Kinder.

Die Werke von Maia und Urs Aeschbach unmittelbar zu verquicken, wäre an den

Haaren herbeigezogen. Aber: Die einstige Illustratorin und Textilkünstlerin

begann mit ihren deutlich zeitgenössischen, zeichnerischen Arbeiten just als

ihr Sohn die Kunstakademie in Genf abschloss. Das war vor bald 20 Jahren.

Der Sohn als Mutmacher? Vielleicht. Die beiden schauen sich nicht täglich

über die Schulter, Maia Aeschbach lebt in Hirschthal, Urs Aeschbach seit

Jahren in Basel.

Aber: Da sind „bleierne“ Röhren aus Papier, die aus einer alten, geteerten

Spritzkanne ragen und da liegen und schweben gemalte, „metallene“ Hölzer in

einem künstlichen Wald. Was man sieht, ist nicht was man sieht, könnte man

sagen, aber während gerade das in den Bildern von Urs Aeschbach das

Geheimnisvolle seiner Werke vorantreibt, ist die Illusion bei Maia Aeschbach

nicht themenrelevant.

Die „bleiernen“ Röhren sind alte, verformbare

Bleiröhren, auch wenn sie es nicht sind. Und die neuen „Berge“, so nahe am

Fels als wäre das grafitgeschwärzte und milchgetränkte Papier eine

Modelliermasse, sind Berg-Bilder direkt aus der Sehnsucht nach den Bündner

Alpen geformt, wo die Künstlerin einst aufwuchs.

„Felsen“ gibt es auch in Urs Aeschbachs grossformatigen „Aquarien“, aber sie

sind so künstlich wie die Korallen und die Seesterne. Und sie wollen es auch

sein ˆ sichtbar einer anderen „Welt“-Organisation zugehörend; jener der

Kunst, in der verführerische Schönheit eigene Bilder generiert. So liegt

denn der Unterschied zwischen ihren und seinen Felsen in der Vorstellung,

die sie evozieren; im einen Fall genügt ein Liegestuhl für die Weiterreise,

im anderen braucht es schon eher Kletterutensilien.

Urs Aeschbach zeigt nicht nur Überzeugendes zwischen Dekonstruktion und

Bild-Bau, sondern, im Kabinett zur Strasse, auch ein Video aus Kairo, das

die Spannung zwischen Realität und Fiktion als Minarett-Performance

einfängt. Daselbst auch eine Hecke aus Haselruten ˆ nein, aus

grafitglänzendem Papier; den gewachsenen Raum für Mutter und Sohn

umschreibend.

 

Info:

Galerie Elisabeth Staffelbach, Laurenzentorgasse14, Aarau. Ausstellung bis

12. Nov 2005. Do 14-20, Fr 14-18, Sa 11-16, So 13-16 Uhr.