Josephine Troller im Kunstmuseum Luzern

Kunst im Elfenbeinturm

www.annelisezwez.ch      Annelise Zwez in Kunstbulletin Juli/August 2007

Sie war eine Dame, ursprünglich Hutmacherin. Keine Vernissage im Kunstmuseum Luzern ohne Josephine Troller, mit modischer Mütze. Sie war in den 1970er-Jahren, als ältere, emanzipierte Frauen Seltenheitswert hatten, eine Art Vor-Bild für jüngere. Umsomehr als Jean-Christoph Ammann ihr malerisches Schaffen 1970 mit einer Präsentation im Museum endlich vom diskriminierenden und lähmenden Cliché der „naiven“ Hobby-Malerin befreite und sie zur „Künstlerin“ machte. Was sie für Jahre beflügelte.

2004 starb Josephine Troller im Alter von 96 Jahren. Jetzt zeigt Luzern (kuratiert von Christoph Lichtin und Isabel Fluri) ihr Werk im Überblick und bietet die (heimlich erwartete) Überraschung: Das Frühwerk aus den 1940er-Jahren ist umfangreicher als bisher bekannt und zeigt sich in seiner surrealen Verspieltheit auf der Höhe der Zeit – vergleichbar mit (späteren) Arbeiten auf Papier von Meret Oppenheim und Louise Bourgeois. Doch als Kunst einer Frau will das in der Zeit niemand wahrnehmen. So siedelt die Künstlerin ihr Schaffen künftig in einer erträumten, anderen Welt an. In Elfenbeintürmen und Gärten Eden, in Parkanlagen mit Schlangen, Kranichen, bunten Blumen und, förmlich hörbar, bukolischer Musik.

Was in der Zeit als „naiv“ abqualifiziert wurde, zeigt sich jetzt im Rückblick als visionäre Szenerie für das Lustwandeln der Sinne. Die Stilisierung der Kompositionen, ihr Durchsetzen mit Symbolen, die letztlich flügellahmen Vögel verdeutlichen freilich jederzeit, dass das Theater der Träume eine Projektion ist. In der Empanzipationsserie „Gefangen“ (Bleistift, 1972) macht Troller deutlich sichtbar, wie bewusst ihr die Situation ist. Dennoch vermag sie jetzt in Objektskulpturen an die Leichtigkeit der 1940er-Jahre anzuknüpfen. Ihr späteres Werk umfasst insbesondere Porträts, die einem typisierten Muster folgen, mit dem sie wohl – ähnlich den Elfenbeintürmen – das Geheimnis des Unsichtbaren betonen wollte.

Die vier Räume umfassende Ausstellung mit Begleitmonographie betont das Frühwerk und endet, mit wenigen Ausnahmen, anfangs der 1980er-Jahre. Sie zeigt damit die Höhepunkte des rund 250 Werke umfassenden Oeuvres, das es in seiner ebenso persönlichen wie genderrelevanten Bedeutung (wieder) zu entdecken gilt.