René Zäch, Kulturpreisträger Biel 2007

Meine Skulpturen versteht man weltweit

Annelise Zwez, Bieler Tagblatt, 28. November 2007

Am kommenden Sonntag erhält der Plastiker René Zäch den Bieler Kulturpreis. Seine Werke schafft entstehen in Nidau, doch verstehen tut man sie rund um den Globus.

Es ist wahrscheinlich der springende Punkt: René Zächs Skulpturen sind raffiniert und relevant in Bezug auf die Kunstgeschichte, sie sind sowohl gegenständlich wie abstrakt, befassen sich jedoch mit Themen, die weltweit zum Alltag gehören.

Wer wüsste nicht, was eine Satellitenschüssel oder ein Velo ist. Diese Mehrfach-Strategie bezüglich Form und Inhalt bringt es mit sich, dass René Zäch sowohl von Kunsthistorikern, von Sammlern, von Kunst am Bau-Fachleuten wie vom Kunstpublikum hoch geschätzt wird. René Zäch ist der international bekannteste Bieler Künstler.

Dass Zächs Bäume dennoch nicht in den Himmel wachsen, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass er lieber in einer Bieler „Beiz“ (es kann auch eine Bar in Florenz, Shanghai oder Helsinki sein) ein gutes Gespräch bei einem guten Glas Wein führt als sich marktkonform von Event zu Event zu hangeln. „Entweder etwas interessiert mich oder dann eben nicht“, sagt er sinngemäss. So kommt es, dass René Zäch zugleich ein anerkannter Künstler ist wie auch ein Insider.

Viele wissen überdies gar nicht, dass sie Werke des Künstlers kennen, denn seine bauten-bezogenen Arbeiten sprechen häufig eine etwas andere Sprache als die Skulpturen. Sie sind weniger streng bezüglich Reduktion und Präzision der formalen Umsetzung, stattdessen erzählerisch, humorvoll und immer ortsbezogen. Das in der Region bekannteste Beispiel ist die metall-glänzende Auto-Silhouette am Abluft-Kamin des Bieler Bahnhof-Parkings. Zu nennen wären aber auch die kleinen Bronze-Vögel auf dem Geländer der Brücke von Baden nach Ennetbaden (AG) oder die metallenen Bumerang, Papierflieger und Federbälle im Park des Waidspitals in Zürich (2006).

René Zäch kam 1986, das heisst 40-jährig und bereits mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, in die Region Biel. Nach 15 Jahren in Amsterdam respektive in der Nähe von Florenz, habe er das Bedürfnis gehabt, als Schweizer Künstler endlich einmal Kunst in der Schweiz zu machen. Der Studienaufenthalt im damals künstlerisch äusserst lebendigen Holland sei zwar hoch interessant gewesen und die Begegnung mit Künstlern der Arte Povera in Italien gewinnbringend, aber letztlich sei er doch nie „einer von dort“ geworden und habe bezüglich Ausstellungen, Aufträge etc. immer „von der Schweiz gelebt“, sagt er im Rückblick.

Diese langen, auch biographisch bewegten Ausland-Zeiten sind sicher mit ein Grund dafür, dass es René Zäch im inspirationsmässig eher ruhigen Biel bis heute wohl ist und ein Umzug in die Metropole Zürich nicht zur Diskussion steht. Wichtig seien ihm aber Reisen nach hier und dort, denn nur mit Weitblick könne man konzentrierte Arbeiten schaffen. Dass dem so ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass Zächs Werk sehr viel leichter in einen internationalen Kunstkontext gestellt werden kann (erwähnt seien etwa Robert Morris, Richard Artschwager oder Reinhard Mucha) als in einen nationalen. Hier wäre etwa der Berner Vaclav Pozarek zu erwähnen.

Die Rückkehr in die Schweiz bildet in Zächs Werk eine Zäsur. „Ich war, seit den 1970er-Jahren im Bann der Minimal Art, am Punkt angelangt, wo ich nur noch einen Nagel einschlug und einen zweiten quer darauf legte“, sagt er. Somit war klar, er musste seine Arbeiten wieder „aufladen“. Mit der Rückkehr in die Region seiner Jugend – Zäch wuchs in Solothurn auf – lag es nahe, auf Vorlieben aus seiner Jugend zurückzugreifen. Damals liebte er das Zeichnen von technischen Gegen-ständen, Maschinen und Architekturen – wurde darum auch erstberuflich Tiefbauzeichner respektive Ingenieur HTL, obwohl das dann doch nicht sein Beruf wurde.

Aus damals und heute entstand 1985/86 die berühmte „Schreibmaschine“, eine auf ihre Aussenform reduzierte, geschliffene und grau bemalte Holzskulptur auf einem präzise angepassten Sockel. Zur Zeit ist die Arbeit gerade im Gewerbemuseum in Winterthur ausgestellt, wo eine Schau zum Thema „Bürowelt“ gezeigt wird. „Ich finde es spannend in anderen Umfeldern als immer nur der Kunst auszustellen“, sagt Zäch.

Ausgehend von dieser die Pop Art mitdenkenden Kommunikations-Skulptur entwickelte sich in der Folge das gesamte Werk der letzten 20 Jahre, fächerte dabei aus in Kopiergeräte, Antennen, digitale Anzeigetafeln, Schaltkreise usw. Nie verliess er dabei das Medium der Skulptur und vertauschte auch nie die eigene Werkstatt mit High-Ateliers. Skulptur ist für René Zäch bis heute Hand-Arbeit. Das mag gegenüber unserer Zeit fast ein wenig stur wirken, aber, raffiniert respektive offen und wach wie der Künstler ist, hat er dennoch den Anschluss an die Zeit nicht verpasst.

Seit ca. 2000 haben seine Arbeiten einen stärkeren Bezug zur Gesellschaft, zuweilen auch zur eigenen Biographie. Man denke zum Beispiel an die „Auto-Biografie 1957-2003“, an die neun bunten, konstruktiven Rohr-„Zeichnungen“, die sich auf den zweiten Blick als die neun Velos des Künstlers (Zäch hatte nie ein Auto) entpuppen; eine Arbeit die 2004 an der Weihnachtsausstellung im PasquArt zu sehen war und daselbst von der Stadt Biel angekauft wurde.