Ueli Berger im Kunstmuseum Bern

Alles in allem

www.annelisezwez.ch      Annelise Zwez in „Kunstbulletin“ Juli/August 2007

„Alles in allem“ lautet der sinnige Titel der Ausstellung mit „Arbeiten auf Papier“ von Ueli Berger im „Graphischen Kabinett“ des Berner Museums. Verwiesen wird damit zum einen auf das retrospektive Konzept, das 40 Jahre Kunstschaffen (1967-2007) umfasst. Zum andern meint „Alles in allem“ im Fall von Ueli Berger aber auch, dass im Zeichnen „alles“ enthalten ist.

„Zeichnen bedeutet für Berger: Vordenken, Andenken, Nachdenken, Skizzieren, Entwerfen, Diversifizieren, Variieren, Verfestigen, Verbildlichen, Vermitteln und hie und da auch Fallenlassen und Verwerfen“, schreibt Elisabeth Grossmann im grafisch und inhaltlich überzeugenden Katalog (Verlag Scheidegger & Spiess). Gerade der Denk- und Projektcharakter der Zeichnungen erhellt die Arbeitsweise des Plastikers und Objekt-Künstlers besser als jeder Text. Man erkennt die 60er- und 70er-Jahre, denkt zuweilen an Roman Signer (nur, dass bei Berger nichts in die Luft fliegt) und spürt die Gleichzeitigkeit von Naturbezug und Gegenstandsfaszination. Was der Künstler doch der Gummi-Dichtung einer Windschutzscheibe zeichnerisch nicht alles abringen konnte!

Da Berger viele Arbeiten für den öffentlichen Raum geschaffen hat – die Bekannteste ist der „Grosse Chribel“ vor dem Gebäude der „Mobiliar“ in Bern – stehen die Projektzeichnungen nicht abstrakt im Raum, sondern rufen vielseitige Erinnerungen wach und erweitern diese um Unbekanntes oder nie Realisiertes. Der zweite Teil der Ausstellung gilt der Gegenwart, in welchem die Mikrofotografie im Zentrum steht – das Herausschälen dessen, was selbst in der winzigsten Zeichnung – im farbigen Pigment-, im metallenen Grafit-Strich oder -Punkt – alles drin steckt. Jedes Papierkorn, jeder Materialkörnchen, jeder Druck der Hand wird unter dem Mikroskop zur sichtbaren „Handschrift“ und in der Umsetzung in grossformatige Fotografien zu überraschenden Bildern dessen, was wir gängig nicht zu sehen vermögen. Faszinierend ist dabei nicht primär die Technik – die sind wir uns längst gewohnt – sondern die Steigerung der Wahrnehmung, die – quasi in Umkehrung verkleinernder All-Fotografien – einer Erweiterung der Welt von innen gleichkommt.