Barmettler Agnes Text SIK 2008

Bekenntnis zum Menschen

www.annelisezwez.ch    Text für das Online-Lexikon des Schweizerischen Instituts für

Kunstwissenschaft, 2008, daselbst publiziert.

Name: Barmettler Agnes

Geburt: 23.01.1945 in Stans

Staatszugehörigkeit: Schweiz

Bürgerort: Hasle (LU)

Beruf: Künstlerin

Key-Words: Malerei, Zeichnung, Film, Labyrinth-Gärten

Vitazeile: Malerin, Zeichnerin. Gestalterin von Labyrinthen im öffentlichen Raum. Mitinitiantin des Projektes Labyrinth international (ab 1991). Lebt in Wölflinswil AG.

 

Wächst mit acht Geschwistern im Kloster Engelberg auf. Die Eltern betreiben die Kloster-Käserei. 1965 Matura im Theresianum Ingenbohl. Ab 1966 an der Zeichenlehrerabteilung der Allgemeinen Gewerbeschule Basel. 1967 lernt sie  bei einem Theaterprojekt in Engelberg Martin Disler kennen.

Ab 1968 Beteiligung am studentischen Aufbruch; wählt Fächer zwischen Malerei, Theater, Tanz und Film. Konkubinat mit Martin Disler in Solothurn, später Olten. Die prekäre finanzielle Situation zwingt zu schlafen, essen, malen, diskutieren auf engstem Raum. Im angeheizten 68er-Klima werden die beiden 1971 wegen Verdacht auf Drogendelikte kurzzeitig verhaftet, was beide existentiell trifft. 1972 Heirat und Förderpreis des Kantons Solothurn. 1973 erste Ausstellung bei Elisabeth Kaufmann in Dulliken. Einladung zu „Kunstmacher 73“ in Schaffhausen. 

Lernt Rosmarie Schmid kennen, mit der sie fortan Labyrinthforschung betreibt. 1977 mit Martin Disler und Rolf Winnewisser in Kalifornien/Arizona. Ist beeindruckt von der überlieferten Kunst und Kultur der Hopi Urbevölkerung. 1978 Scheidung und Eidgenössisches Kunststipendium. 1979 bis 1987 mehrfache Aufenthalte bei den Hopi-Indianern in Arizona. 

Ab 1982 vertiefte Beschäftigung mit dem Labyrinth als Landkarte für Lebenswege. 1985 und 1990 Solothurner Werkpreise für „Labyrinth“ (Olten) respektive den Hopi-Film „Techqua Ikachi“ (zus. mit Anka Schmid). 1991 Mitinitiantin von „Labyrinth international“ – öffentliche Frauenplätze an 133 Welt-Orten. 1999 Retrospektive der Zeichnungen im Tal Museum in Engelberg. 2001 Première des Films „Labyrinth-Projektionen“ (mit Anka Schmid) in Luzern.  2006 Überblicksausstellung im Kunstmuseum Olten.

 

Agnes Barmettlers Werk ist ein Bekenntnis zum Menschen. Die Werke ab 1969 sind auf raumfüllende, körperliche Präsenz ausgerichtet. Stilistisch verarbeitet sie  Expressives und das Erbe Picassos, inhaltlich geht es um die Beziehungen zwischen den Figuren, oft Rand-Gestalten aus den Kneipen der Stadt.  Sinnlich, fleischlich zeigen sie die dumpfe Einsamkeit ihrer Existenz. 

Ab 1972 wird das Figürliche zum Selbstporträt, das sich in subtilem Pinselstrich mit Landschaft verbindet. Kreuz, Dreieck, Spirale, Labyrinth werden darin zu Formen und Trägern emotionalen Bewusstseins.  Die „Feuerfrau“ und das Weiblich-Mystische paaren sich zum bildhaften Postulat des emanzipatorischen Aufbruchs. 

Ab 1979/80 Hinwendung zu indianischen Bildzeichen und direkter Einbezug des Menschen in den Bildprozess. 1982 entsteht hiezu das erste animierte Labyrinth als Plattform für „Bewusstseins-Bilder“. Auch in der mit Malerei unterlegten filmischen Geschichte der Hopi-Indianer (Abschluss 1989) geht es um Erkenntnismuster. Das 1991 gegründete und bis heute fortgesetzte Labyrinth-Projekt (zus. mit Rosmarie Schmid) sieht Barmettler als Basis für kommunikative Kunst zu Existenz-Fragen, wie „woher komme ich“, „wohin gehe ich“. 

1991 Realisierung des Zürcher Garten-Labyrinths auf dem Kasernen-Areal. Bis 2001 Betreuung des Gartens und Auftritte als Animatorin. Die Komplexität der prozesshaft erarbeiteten Symbolik verbildlicht 1997 der ausgesprochen bildbetonte und performativ angelegte Film „Labyrinth-Projektionen“.  In Streubildern mit Amarant-Samen auf Papier reflektiert Barmettler nach 2000 das Thema von Bildzeichen zwischen Entstehen und Verschwinden. In  gleichzeitig entstehenden Fricktaler Landschaftsbildern verbindet sie bis heute in der Natur Beobachtetes mit dem eigenen Körper(gefühl).

Sammlungen:

Kantonale Sammlungen Ob- und Nidwalden sowie Solothurn. Einwohnergemeinde Stans. Kunstmuseen Olten und Solothurn.

Kunst und Bau:

Olten: Kantonsschule. Laufen: Gymnasium. Rickenbach: Schulhaus. Le Landeron: Schulhaus. Zuchwil: Altersheim. Grenchen: Spital. Wölflinswil: Schulhaus. Öffentliche Labyrinthplätze: Frankfurt, Ingoldstadt, Zürich, Brugg, Effretikon, Basel, Hildesheim.

 

Literatur:

11 Solothurner Künstler.Galerie Arte Arena Dübendorf; Kunstmuseum Olten, 1974. Katalog: Elisabeth Kaufmann. Dübendorf, 1974.

Agnes Barmettler.Luzern, Galerie Raeber, 1977. Text und Redaktion: Theo Kneubühler. Luzern, 1977.

16 Solothurner Künstler.Zürich, Städtische Galerie zum Strauhof, 1979. Texte: Peter André Bloch und Urs Peter Müller. Zürich, 1979.

Solothurner Kunst der Gegenwart, Kunstmuseum Olten, Stadthaus Olten, 1981. Text: Paul Meier.

Madeleine Schüpfer:Agnes Barmettler. Beitrag in Oltner Neujahrsblätter, 1981.

Agnes Barmettler. Tom Gerber. Kunstmuseum Solothurn, 1984. Texte: Agnes Barmettler (et. al.). Solothurn 1984.

Agnes Barmettler.Kunstverein St. Gallen, 1986. Redaktion und Text: Elisabeth Keller-Schweizer. St. Gallen, 1986.

Madeleine Hirsiger:Interview mit Agnes Barmettler zum Film „Labyrinth-Projektionen“. In:  Schweizer Kunst, Heft zum Fest der Künste der Visarte Schweiz. Luzern, 1997.

Das Labyrinth oder Die Kunst zu wandeln. Texte: Agnes Barmettler (et. al.). Ilse M. Seifried (Hrsg.), Haymon-Verlag, Innsbruck, 2002

Peter Killer, Marcel Peltier: Olten um 1970: Die gloriosen Jahre. Texte: Peter André Bloch (et. al.). Olten: Kunstverein Olten, 2007, S. 82-85.

 

Link: www.sokultur.ch

 

                                                                                                                     Annelise Zwez