Franco Müller

Galerie für Gegenwartskunst Bonstetten

Annelise Zwez, Kunstbulletin 5/2008

Die Landschaften von Franco Müller (*1962) wirken wie verlassene Zonen, eine Art Industrie- oder Landwirtschaftsbrachen. Viele sind grossformatig und trotz vielgestaltigem Farbauftrag trocken. Aber der Horizont in der Ferne zieht einem in die öden Weiten hinein.

„Landschaft“, Acryl auf Gewebe, 100 x 180 cm, 2007Seit 18 Jahren betreibt Elfi Bohrer im zürcherischen Bonstetten eine „Galerie für Gegenwartskunst“. Ihr Profil liegt seit Anbeginn bei Kunst, die traditionelle Werte und neuere Kunstauffassungen in Malerei und Skulptur verbindet. Viele Kunstschaffende hat sie seit langem in ihrem Programm; Franco Müller zum Beispiel seit 1992. „Elfi Bohrer engagierte sich schon für mich als ich dreissig war, darum stelle ich auch heute bei ihr aus“, sagt der im Raum Solothurn bekannte Maler mit Verbindungen zu den USA.

Seine Landschaften überraschen in mehrerlei Hinsicht: Durch ihre Dimensionen und das sparsame Setzen architektonischer Akzente vermitteln sie unschweizerische Grosszügigkeit. Durch die Kontrastierung von malerisch reichem Vordergrund und zur Monochromie tendierendem, hellem Hintergrund haben sie eine starke räumliche Wirkung. Und durch die expressive Unschärfe der Formen und Farben werden die Landschaften zu Niemandsland, das ebenso Einsamkeit wie Freiheit vermittelt.

Im Gegensatz zu Fotografen, die ähnlichen Motiven auf der Spur sind – man denke an die Bauruinen von Joël Tettamanti – zeigen Müllers Landschaften erfundene Gegenden. Zwar fotografiert er seit Mitte der 1990er-Jahre, zeigt zuweilen auch übermalte Fotografien als Werke, doch finden sie nur über die Erinnerung in die Malerei.  Und die Motive ähneln nur den zeichenhaften Architekturen, mit denen Müller seine Bilder „möbliert“. Zentral ist aber, wie er die Versatzstücke in den Bildraum setzt und ihnen durch die Malschichten, die er mit tausenderlei selbst erfundenen „Pinseln“ aufträgt, eine seltsam unwirkliche Präsenz verleiht.

Müller ist auch ein guter Zeichner, grosszügig im Ansatz und frei in der Formulierung. Für die Motive gilt was für die Fotografie – sie betrifft den gegenständlichen Anteil seiner Malerei. Interessant ist, dass er gerne vor dem Fernseher zeichnet, das heisst, wenn nur die halbe Konzentration dem Tun mit dem Kohle- oder Graphitstift gilt. Dieses halbe Aussteigen ist wohl eine Art Schlüssel.

In Bonstetten zeigt Müller, der Galerie entsprechend, ausschliesslich Malerei und dies in räumlicher Wechselwirkung mit Holzskulpturen des Ostschweizer Bildhauers Stefan Gort (*1958). Doch ansonsten widmet sich Müller parallel zur Malerei auch Bildschirm-Experimenten, sogenannten „Visuals“, in die er Video-Aufnahmen und Elektro-Eigenkompositionen integriert. Fasziniert ist er auch von Kunst als Event.

So wird er am 14./15. Juni in der Galerie am Marktplatz in Büren an der Aare erneut mit anderen Künstlern zusammen vor laufender Kamera zeichnen und das Geschehen auf dem Blatt über einen Beamer auf die Wand projizieren; eine mediale Neuauflage basisdemokratischer Gruppenaktionen der 1970er-Jahre? Seltsam ist der Kontrast dieser neueren Aktivitäten zu den menschenleeren, dem Alltag entzogenen Räumen in der nach wie vor werkbestimmenden Malerei. „Ich habe es nie gemocht, nur ein Leben zu leben“, sagt der Künstler dazu.

Bis 1. Juni 2008.

Links: www.francomueller.ch / www.ggbohrer.ch