Rudolf Steiner in Kunst und Architektur Buchbesprechung

Dumont-Verlag Simon Baur Walter Kugler

www.annelisezwez.ch Annelise Zwez in Bieler Tagblatt 28. August 2008

Im Dumont-Verlag ist ein 420-Seiten-starkes Buch zu Kunst und Architektur des Antroposophen Rudolf Steiner erschienen. Es ist eine gut Auslegeordnung.

azw. Wer sich bereits früher mit dem Goetheanum Dornach, mit der Kunst Rudolf Steiners, mit seinen Wandtafel-Zeichnungen auseinandergesetzt hat, wird in dem vom Basler Kunsthistoriker Simon Baur und dem Direktor des Steiner Archivs Walter Kugler herausgegebenen Paperback zu Kunst und Architektur von Rudolf Steiner zwar Ergänzendes, aber nicht eigentlich Neues lesen. Doch als Auslegeordnung von neuen und älteren Essays,  Vorträgen und Statements verschiedenster Autoren gibt es neu in die Thematik Einsteigenden einen guten Überblick.

Auch wenn das Lesebuch mit Bildern mit einem unverzeihlichen „Killer“ beginnt. Wie Rudolf Zumdick, der träfste Interpret Steiners in Bezug auf die Kunst des 20. Jahrhunderts, in seinem Essay zum Verhältnis von Klee, Kandinsky und Itten zu Steiner einmal mehr festhält, scheitert die Rezeption Steiners immer wieder daran, dass die Originaltexte „nicht lesbar“ sind.

Darum ist es denkbar ungünstig, den schwierigsten Text des Buches, jenen von Günter Metken zu Steiners Ästhetik in Theorie und Praxis, als Einstieg zu wählen, sucht der 2000 verstorbene deutsche Kunstkritiker doch in (zu) vielen schwierigen Originalzitaten den „Beweis“ des Geistigen in der Kunst.

Viel sinnvoller ist es darum, im Buch zu schmöckern und nach Lust und Laune in den 35 je für sich stehenden Beiträgen zu verweilen, zum Beispiel bei Harald Szeemanns Sicht auf Steiner oder bei Dieter Koepplins Entdeckung Steiners via Joseph Beuys, bei Beat Wyss’ Beitrag zu Steiner und Goethe. Weniger geglückt ist der Versuch der Herausgeber, die Basler Architekten Buchner Bündler das Goetheanum heute betrachten zu lassen, denn ohne Fundament bleibt ein solcher Blick zwangsläufig oberflächlich.
 
Als Fazit nach der Lektüre bleibt die Erkenntnis, dass es in vielen Punkten schwierig ist und bleibt, Rudolf Steiners Kunst und Architektur mit zeitgenössischem Denken zu fassen, dass aber Joseph Beuys, der Steiners spirituelles Vermächtnis praktisch 1:1 in seine eigene künstlerische Vision übernommen hat, der beste und beglückendste Brückenbauer ist.

Info: „Rudolf Steiner in Kunst und Architektur“, 412 Seiten, brochiert, Dumont Verlag Köln, ISBN 978-3-8321-9012-5, ca. 30 Franken.