Valentin Hauri Ruedi Schwyn Galerie Vinelz 2008

Die überraschende Nähe von hilfslos und glücklich

www.annelisezwez.ch, Bieler Tagblatt, 17.Mai 2008

In der Bieler Landgalerie in Vinelz zeigen Ruedy Schwyn und Valentin Hauri neue Bilder. Die befreundeten Künstler haben schon mehrfach gemeinsam ausgestellt.

Aehnlich und doch anders: Die Bilder von Ruedy Schwyn (links) und Valentin Hauri (rechts)

Was haben hilflos und glücklich miteinander zu tun? Wenig. Ruedy Schwyn  sagt, seine auf wenige Formen und Zeichen reduzierten Bilder seien Ausdruck der Hilflosigkeit angesichts der  Beherrschung der Welt durch die Technologie. Und Valentin Hauri meint, wenn er ein bestehendes Bild – eines art brut-Künstlers zum Beispiel – in seine eigene malerische Welt habe übersetzen können, dann sei er glücklich. Dennoch fühlen sich der Bieler und der Zürcher verwandt und stellen immer wieder gemeinsam aus. 

Und tatsächlich: Betritt man die Galerie in Vinelz, ist man – auch wenn man beide Künstler seit langem kennt – zunächst einen Moment lang irritiert und fragt sich, was denn nun von wem sei. Später kann man die anfängliche Unsicherheit kaum mehr begreifen, denn es sind „les extremes, qui se touchent“.  Das scheinbar Gemeinsame ergibt sich daraus, dass beide mit den Mitteln der Reduktion arbeiten und dabei an der Grenze zwischen Lesbarkeit und Ungegenständlichkeit landen. Hinzu kommt, auf einer äusseren Ebene, das Malen mit Öl oder Acryl auf Leinwand oder Baumwolle in ähnlichen Formaten. Und wahrscheinlich ist da auch so etwas wie ein Generationeneffekt. Hauri hat Jahrgang 1954, Ruedy Schwyn ist 1950 geboren.

Valentin Hauri geht von bestehenden Bildern aus. „Wichtig ist, dass mich etwas packt“, sagt er, zum Beispiel Bilder des Outsiders Henry Darger. Doch das ist schliesslich nicht mehr wichtig, denn Hauri nimmt sich nur ein Fragment daraus oder die Grundkomposition und sucht jetzt den autonomen Ausdruck dessen, was ihn fasziniert hat.  Man könnte sagen, das Weggehen sei sein Thema, das Verlassen der eingefahrenen Bildschienen, um an einem fremden Ort zu gelangen.

Zu sehen ist dann vielleicht  noch ein undefinierbarer schwarzer Fleck, eine Rauchsäule vielleicht, die indes oben und unten an feinen hellblauen Waagrechten auf rosa Grund endet. Oder ein von weit, weit her an ein Stück Architektur erinnerndes, schwarz-weisses Bildgefüge. Das niemals verführerisch gemalte  „Nichtsein“, das scheinbar zufällige „Dasein“ erzeugt Bilder, die ihr Geheimnis  bewahren und gerade dadurch bewirken, dass man nicht aufhören kann hinzuschauen. Hauris Weg zum Bild – man ahnt es eigentlich nicht – ist dabei ein langer; um loszulassen und zu finden, braucht es unzählige Stationen in Form von Zeichnungen und Aquarellen.

Ruedy Schwyn geht nicht von bestehenden Bildern aus – eher von Texten oder Wörtern, die ihm Bilder bringen. In den Titeln sind sie zuweilen angetönt. Eines zum Beispiel nennt  er „Erdbeerzweig am Strand“, somit etwas, das es nicht gibt. Entsprechend fremd sind sich auch die Bestandteile  – ein Stuhl, eine geometrische Figur, eine rote Kugel  und abgetrennt davon  Wasser, Schwemmstücke. Stilistisch müsste man von einem „surrealen“ Bild sprechen, aber eher sind es Versatzstücke, deren Unvereinbarkeit so etwas wie Schmerz auslöst.

Auf einem anderen Bild begegnen sich ein vereinfachter Kristall und „planetarische Wolken“ oder Fussstapfen und ein brennender kubistischer Steinbrocken. Was soll das? Und unverhofft ist man beim Thema. Schwyn geht mit seinen lapidaren Zeichen um wie es  in unserer Alltags-Bildwelt üblich ist und verweist damit auf das erschreckend reduzierte Denken – der Künstler spricht von „Dummheit“ – , mit welcher wir unsere High-Tech Welt nutzen ohne sie zu verstehen, geschweige denn die Kehrseiten durchschauen. Es ist nicht so einfach, die kritische Seite Schwyns in den Bildern zu erkennen, aber das ist ja auch im Alltag die Krux.

So sind es letztlich zwei geradezu oppositionelle malerische Universen, die sich in der Galerie Vinelz begegnen; eine nach innen orientierte dort, eine nach aussen gerichtete da.

Info: Ausstellung bis 1. Juni. Fr 16-19, Sa 11-17, So 14-17 Uhr. Sa, 31. Mai, 17 Uhr: Klangintervention von Josep Maria Balanya, Barcelona.