Nicoletta Stalder bei Graf & Schelble_Basel 2009

Im Beet mit N

www.annelisezwez.ch  Annelise Zwez in Kunstbulletin 7/8 2009

„Im Beet mit N“ heisst Nicoletta Stalders Auftritt bei Graf & Schelble in Basel. Beet ist wörtlich zu nehmen, denn aus einem erdgefüllten Deckbett wachsen Tag-, Feuer- und Schwertlilien. Eine ebenso bunte wie fruchtbare Bettstatt ist Blickfang der sinnlichen „Gartenschau“.

Die Zeit, da Künstlerinnen sich verboten, Kinder zu gebären, ist vorbei. Aber selten macht eine Künstlerin sich selbst so lustvoll-ironisch zum fruchtbaren Natur-Garten wie Nicoletta Stalder, die im Januar ihren dritten Buben gebar. Vor vier Jahren machte sie den ersten Still-Busen zum Motiv, noch früher schnitzte sie Figuren in Wallhölzer.

Jetzt bewirtschaftet sie ihren Garten; für die Küche und die Kunst. Kaki wachsen da, Spargeln, Äpfel, Birnen, Feigen. Für die Kamera werden die Asparagus zu Flügeln und ihr eigener Schatten zur theatralischen Figur. Sie kennt das Licht, weiss wie es wandert, wie die Sonne sie als Schatten längt, ihren Kopf ins Beet  projiziert oder ihre Gestalt auf der Wand tanzen lässt.

Im Büro neben den Kinderzimmern bearbeitet sie die Fotografien am PC. Im Atelier in der Stadt malt sie. Malgrund sind ihr geblumte Duvet-Anzüge, die sie auf Leinwand appliziert. Sie liebe die künstliche Bett-Romantik, sagt sie, und

platziert sich selbst schemenhaft ins Unkraut oder sie „baut“ Wege und Strassen mitten durch bunte Wiesen, „fiese Strassen zuweilen, mit unmöglichen Kreuzungen und abrupten Abbrüchen“.

Ist es Zufall, dass gerade zwei Frauen Betten prominent ausstellen? Tracey Emin zeigt in Bern ihre Elends-Schlafstätte nach durchzechter Nacht , Nicoletta Stalder ein Bett-Beet als (erotischen) Ort spriessenden Lebens. Was für ein Gegensatz. Aber: Emin – auch Hirst, die Chapmans u.a. –  waren für Stalder wichtig als sie 2000 in London studierte. „Sie haben mir Mut gemacht, meine Vorstellungen durchzuziehen, so direkt wie ich das immer wollte, mich zuvor  in der Schweiz aber nicht traute“. Doch während die „Gosse“ als kunstkonform gilt, bewegt sich Stalder auf einem schmalen Grat; Lebenslust ist ein schwieriges Kunstthema, der Kitsch lauert hinter jeder Ecke.


Peter Fischer lud die Künstlerin 2005 zur Ausstellung „Magic Moments“ nach Luzern und machte damit klar: Die besten Arbeiten Nicoletta Stalders sind jene, welche zugleich unmittelbar aus der aktuellen Lebenssituation der Künstlerin wachsen wie auf einer Zweitebene Surreales, Märchenhaftes, Poetisches ausstrahlen. Nicht in allen, aber in vielen Arbeiten gelingt das. Zum Beispiel in jener inszenierten Fotografie (siehe Bild), die den von der Vertikalen in die Horizontale projizierten Schatten der Künstlerin so zeigt als würde er einen im Gras stehenden Weidenkorb auf dem Kopf tragen. Perspektivenwechsel, die zugleich real wie irreal sind, verbinden sich und machen das Alltägliche zum besagten „magic moment“.

 Galerie Graf&Schelble, Basel, 29. Mai bis 31. Juli

 www.grafschelble.ch

 www.nicolettart.ch

Bild:

Nicoletta Stalder ·„Basket“,  Digitalfotografie aus der Serie der Schatten, 2005 – 2008, auf Aluminium aufgezogen, 60 x 80 cm. © Nicoletta Stalder