René Zäch Retrospektive Kunstmuseum Solothurn 2010

Subtile Ironie zwischen Gegenstand und Form

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Mittelland-Zeitung vom 25. August und Bieler                                                       Tagblatt vom 28. August 2010


Der in Biel lebende Solothurner Künstler René Zäch wird vom Kunstmuseum Solothurn mit einer umfassenden Retrospektive seines plastischen und zeichnerischen Schaffens geehrt. Dieses reicht zurück bis in die 1970er-Jahre.


„Das Schönste ist das Machen“, sagte René Zäch im Rahmen der Eröffnung der nicht weniger als elf Räume umfassenden Retrospektive seines plastischen und zeichnerischen Werkes im Kunstmuseum Solothurn.

Damit betont der Künstler überraschend mehrere in den letzten Jahren zu wenig beachtete Aspekte seines von Kontinuität und Wandel bestimmten Werkes.

Obschon formal industrieller  Produktion verwandt scheinend, sind René Zächs Wand- und Raumplastiken im Gegensatz zur Arbeitsweise anderer konstruktiv arbeitender Künstler   durch und durch Handwerk. „Meine Arbeiten sind aus Holz und Karton, weil ich mit diesen Materialien umzugehen weiss“, sagt er. Das entspricht methodisch zwar der Generation des heute 64-Jährigen, ist aber im Zeitgenössischen wie es seine Kunst ausstrahlt, selten geworden.

Wichtig ist dabei nicht das Handwerkliche, sondern die Denkweise, die ein solches Vorgehen bedingt. René Zäch ist ursprünglich Ingenieur und künstlerisch  geprägt von der  europäischen Minimal Art, die oft eine gegenständliche Spur, ein Stück Geschichte in die Form integrierte. Ob er im Frühwerk über die Bedingungen eines Wandregals nachdachte, in den 1980ern Büromaschinen zu kompakten Skulpturen verdichtete, später die digitale Revolution thematisierte und heute über globale Kommunikationssysteme sinniert, immer ist der „Architekt“, der seine Entwürfe auch tatsächlich realisieren will, in den Denk- und Entwicklungsprozess integriert.

Die zuweilen stupende Einfachheit und Klarheit seiner zuweilen hochkomplexe Systeme wie den unterirdischen Ring des Cern in Genf spiegelnden Plastiken  sind darum stets mitbestimmt von den Parametern des einer Schreiner- und Malerwerkstatt ähnelnden Ateliers des Künstlers.

Dass auch er zuweilen externe Hilfe beizieht, ist dabei im Grundsatz vernachlässigbar.

Wesentlicher ist, dass ihn bei seinen Beobachtungen unserer von technischen Geräten geprägten Gegenstandswelt  nicht  Raffinesse, sondern eine pragmatische Reduktion leitet, die gleichzeitig auf der Ebene der Vorstellung das Potential zu imaginär Neuem schafft. Das ist in höchstem Masse anspruchsvoll und zugleich der Kern der Qualität der Arbeiten von René Zäch.

In Solothurn ist das nicht nur in den räumlich grosszügig und chronologisch frei kombinierten Arbeiten selbst nachvollziehbar, sondern insbesondere auch in der Gleichzeitigkeit der Präsentation des zeichnerischen Werkes im Kabinett. Hier ist unter anderem am Beispiel der „Auto-Biografie“ (2004)    sie zeigt die neun Velos des Künstlers von den 60ern bis heute –  zu sehen, welch planerische Herausforderung es ist, das Anekdotische  Schritt für Schritt   an die Grenzen des Lesbaren zu führen und gleichzeitig die formal-künstlerische Rhythmisierung zu steigern. Und dies nicht langweilig, sondern spielerisch, mit Humor, oft auch Ironie, zugleich aber auch einer versteckten Haltung gegenüber der Welt – Zäch ist , wie die „Auto-Biografie“ indirekt suggeriert, tatsächlich konsequent mit dem Velo (oder dem öffentlichen Verkehr) unterwegs.

Kritisch oder gar moralisierend ist sein Werk indes nicht. Dennoch fällt auf, dass die Kreisschlüsse – von  20 Laptop-Arbeitsplätzen zum Beispiel, einer Vielzahl von Radar-schirmen oder systematisch verlinkten „goldenen“ Rädern – das Denk-Moment der Illusion, des Absurden gar, deutlicher herausgearbeitet ist  als in älteren Arbeiten.

Zur Ausstellung ist – mit Unterstützung von „Binding Sélection d’ Artistes“ –  eine umfang-reiche Monographie erschienen. Sie erweitert die Ausstellung, zeigt aber gleichzeitig auf, dass Zächs Werk nicht oppulent gross ist, sich die „Freiheit des Tüftelns“, die dem Künstler so wichtig ist, auch auf der Produktionsebene spiegelt; mit Gewinn, wie die Hektik aller Art wohltuend konternde Ausstellung eindrücklich sicht- und fühlbar macht.

Bis 31. Oktober 2010.

René Zäch

Geboren 1946 in Solothurn

1966-1969 Technikum Burgdorf

1969 – 1971 in Finnland

1971-73 Schule für Gestaltung, Basel

1974-1980 in Amsterdam

1978-1985 in der Nähe von Florenz

Seit 1985 in Biel

Zahlreiche Auszeichnungen, 2007 Kulturpreis der Stadt Biel

Seit 1973 Ausstellungen im In- und Ausland; zuletzt in Shanghai, Ammann, Biel, Zürich, Solothurn, Grenchen, Thun, Schuls, Altorf.                                                   

Bildlegende:

René Zäch: Aus der Serie „Büro“, Zeichnung/Aquarell, 70 x 100 cm,  2005.    Foto: zvg/Bernhard Schrofer