Christine Knuchel Galerie Staffelbach Zürich 2011

„Gesirre, Geflirre, Gesumme“

www.annelisezwez.ch    Annelise Zwez in Kunstbulletin März 2011 

 

Wenn sie ein „heiliger Schauder“ erfasse, dann fotografiere sie und dann male sie bis er wieder da sei, sagt Christine Knuchel. Mit der Präsentation von Knuchels jüngsten Wiesenstücken verabschiedet sich Elisabeth Staffelbach nach mehr als 30 Jahren aus dem  Schweizer Galeriebetrieb.

 

 Im Zentrum der Ausstellung in Zürich stehen neue, teils grossformatige Wiesenstücke.

Es sind minutiös gemalte Blicke in frühsommerliche Wiesenpartien unweit der beiden Wohnorte von Christine Knuchel im aargauischen Gontenschwil respektive  im bündnerischen Mathon.

Sie foto-realistisch zu bezeichnen trifft die Vorgehensweise der Künstlerin nicht exakt. Sie projiziert ihre Fotos nicht auf die Leinwand. Sie dienen ihr lediglich als eine Art Vergewisserung der kurzen Zeitspanne, in der sie erlebte wie das Licht die blühende Natur über sich selbst zu erheben schien.

Die 67-jährige Künstlerin spricht von „Unio mystica“, um zu beschreiben, was sie antreibt. Und sie schreckt nicht vor der Zeit, die sie braucht, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen; oft malt sie monatelang an ein- und demselben Bild, mit feinen und feinsten Pinseln.

„Ich brauche dieselbe Zeit, um zu malen, wie die Blumen und Gräser, um zu wachsen“, lacht sie.

Die Botanik spielt eine gewisse Rolle; das „Dritte grosse Wiesenstück“ von 2009/10 ist nicht zuletzt eine Hommage an den „Fingerhut“, so wie das erste den Mohn hervorhob und das zweite die Malven zu Protagonisten machte. Die neue „Grosse Bergwiese“ erleuchtet unter anderem den „Sauerampfer“; nicht zufällig ein sogenanntes „Unkraut“.

Doch das „Glücksmoment“, das Knuchel sucht, ist emotionaler Natur, das sich eins fühlen mit dem Bild. Orginaltreue ist dabei nicht zwingend. Ohne zu zögern verändert sie Proportionen, um Bedeutung herauszuschälen oder sie lässt hinter der Wiese einen Wald wachsen, wo vor Ort eigentlich Obstbäume stünden. Denn der Wald ist dunkler und lässt so das einfallende Licht besser hervortreten.

 Wie einst in der Romantik, ist in ihren Bildern das Gegenlicht oft Quelle der Magie.

Viele Wiesenstücke haben ein panoramaartiges Format. In der Ausstellung gibt es zwei Arbeiten, die schmale, aus dem Zusammenhang herausgeschnittene, bodennahe Streifen zeigen. Das eine holt die Gräser aus einer dunklen Zone ins Licht, das andere, etwas weniger dramatisch, vermittelt sommerliche Helligkeit. Knuchel verweist  dazu auf die Proportionen ihres Aargauer Ateliers, doch wichtig sei ebenso, dass wir den Kopf drehen, den Blick ausweiten müssten, um das ganze Bild zu sehen.

Die Ausstellung hat auch eine besondere kulturelle Dimension. Mit ihr geht eine 32-jährige Schweizer Galerie-Geschichte zu Ende. 1978 hatte Elisabeth Staffelbach in Lenzburg die „Galerie Brättligäu“ gegründet; später zog sie ins „Bahnhöfli“, dann nach Aarau. 2008 ging sie mit Esther Hufschmid eine Gemeinschaft in Zürich ein, die nun aufgelöst wird. Staffelbach zeigte stets Kunst am Puls der Zeit, ebenso aus dem Aargau wie der ganzen Schweiz. Immer auch junge Kunst zu zeigen, war ihr bis zuletzt wichtig.  

Bis 20. März 2011

 

Bildlegende:

„Grosse Bergwiese“, Öl auf Leinwand, 2010, 130 x 110 cm.  Bild: Brigitte Lattmann